Teil 1: "Vernebelt, verdunkelt sind alle Hirne"

 

- Licht und Luft aus der Schweiz! - 

- Klärung (AufKlärung, ErKlärung) einiger Begriffe - 

- Ordnung schaffen, wo Verwirrung herrscht - 

 

Friedrich Kellner (1885–1970)

war Justizoberinspektor und Tagebuchautor. Seine Tagebücher 1939–1945 wurden 2011 veröffentlicht. Das Werk dieser zeitlebens unscheinbaren Mannes hat mich nicht unberührt gelassen.
Was hat er getan? Nun, nichts Grosses. Keine Ehrenbürgerwürde wurde verliehen, kein Denkmal ihm gesetzt. Er war ein anständiger Mensch in einer unanständigen Zeit, Familienvater, in untergeordneter Stellung. Tun konnte er nichts. Und er wusste das.
Aber für dumm verkaufen lassen wollte er sich darin nun doch nicht.

"Das eben ist der Unterschied:
Ich sehe aus wie ein Trottel, bin aber keiner."

Urheber mir unbekannt

Er abonnierte viele Zeitungen, las und verglich sie sorgfältig.  Auch tat er das, was ich einige Jahrzehnte später mit Hochglanz-Prospekten tun sollte: Wichtig ist das, was NICHT drinsteht - folglich muss genau das harausgearbeitet werden. Auch das Archivierten ist wichtig: Weg von der Moment-Aufnahme einer einzelnen  Ausgabe  hin zu einer Ordnung in der Zeit.  (In George Orwells 1984 beschäftigt sich Winston mit der Um-Schreibung der Vergangenheit - man hat aus gemachten Fehlern gelernt.)

Kellner decodierte die Lingua Tertii Imperii - natürlich nur, soweit sie ihm bekannt wurde; "Endlösung" oder "Sonderbehandlung" ist ihm als Begriff wohl nicht untergekommen. Allein. Ganz ohne Latein zu können. Oder griechisch. Exegese oder Textexegese hätte ihm vermutlich nichts gesagt. Mir übrigens auch nicht, bis ich erfuh, dass das, womt ich mich beschäftigen wollte, unter diesem Begriff segelte.

"Wage, Dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" Kellner war ein mutiger Mann, und alle Armen Willies dieser Welt sollten ihn als Vorbild betrachten.
Und ein Wagnis war es, und nicht nur in Deutschland kann das Fragen der Gesundheit schaden.

Die schneidige Haltung der Sechshundert, die in solchem Masse die Lord Tennysons Begeisterung erregte, , rührte von der Tatsache her, dass die leiseste Neigung, nach einem Warum zu fragen, dadurch unterdrückt wurde, dass man einen möglichen Frager auf den Dreipfahl hievte und bewusstlos schlug.
- F.J.P. Veale
Advance to Barbarusm

Zitiert nach Len Deigton Bomber

Als etwa im September 1942 in einem Artikel davon die Rede ist, dass 65 000 Juden "in Transporten abgeschoben" würden, schreibt Kellner ein einfaches "Wohin?" an den Rand. Eine Frage, die nicht nur ihm nur ihm nahegelegen haben dürfte.

Dr. Sascha Feuchert für die Herausgeber in "Vernebelt, verdunkelt sind alle Hirne"

Es sind die einfachen Fragen, die zum Schafott führen: die Mächtigen bedürfen der vielen Worte, der Umschreibungen, der Metaphern, um keine Zeit für die simplen Fragen zu lassen. Und die Fragen, die eine wesentliche Frage, ist der Kristallisationspunkt, um den herum sich das Denken abspielt. Nicht die Antwort, die Frage ist das wichtige

Es sei nun dahingestellt, ob das "nicht" im Zitat zu Recht da steht. Mir ist daran gelegen, die Zahl derer zu erhöhen, denen das Fragen naheliegt

Denn die professionellen Hirnvernebeler und -verdunkeler sind ja unter uns.

Der Zorn des Schafes: Vom Verschwörungs-Theoretiker zum Verschwörungs-Praktiker

Der Zorn des Schafes

Buchtitel (1990) von Erich Loest (1926 - 2013) bei wikipedia

Georg Schramm benutzt in seinem Programm folgendes Zitat: "die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen, wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand geht" und ordnet es Papst Gregor dem Großem zu.

Diskussion bei wikiquote
Georg Schramm - Zorn, Wut und Tulpenzwiebeln bei youtube

"Die Dislozierung unserer Streitkräfte muss unter der Prämisse einer nachhaltigen Restrukturierung betrachtet werden, wobei eine Übergabedividende unter Berücksichtigung einer Reinvestirung in noch nicht befriedete Regionen betrachtet werden muss."


Wenn Sie diesen Satz verstehen, hat er seinen Zweck verfehlt.

Georg Schramm Herrschaftssprache – Bin ich zu blöd für
"Hab ich keine Ahnung von. Wissen nur die Experten. Bin ich zu blöd für."

...
Graf Schwerin: "Ich dachte an die vielen Morde..."
Freisler: "Morde?"
Graf Schwerin: "Die im In- und im Ausland..."
Freisler: "Sie sind ja ein schäbiger Lump! Zerbrechen Sie unter der Gemeinheit? Ja oder nein, zerbrechen Sie darunter?"
Graf Schwerin: "Herr Präsident!"
Freisler: "Ja oder nein, auf eine klare Antwort!"
Graf Schwerin: "Nein."
Freisler: "Sie können auch gar nicht mehr zerbrechen, Sie sind ja nur noch ein Häufchen Elend, das vor sich keine Achtung mehr hat,

Ulrich Wilhelm Graf Schwerin von Schwanenfeld - Roland Freisler
bei wikipedia

bei youtube

Ich kenne sie nicht, sie interessieren mich nicht; keine Visitenkarte "Franz Alfred Sixklasse, Volksverdummer" befindet sich in meinem Besitz. Was soll's auch? Wenn am einen entlarvt, wachsen zwei nach. Und wie "Werbung" funktioniert: darüber haben schon viele geschrieben, da kann man sich informieren. Es interessiert mich nicht, was irgend ein Schwurbel-Satz bedeutet; dann schon eher, wovon die Unverständlichkeit uns Schafe ablenken soll. Im Eigentlichen aber geht es Tannhaeuser Gate darum, jedem seinen Weg zu eröffnen, das Böse als solches zu erkennem - das Schaf ist da nicht zu blöd für. Aber vielleicht schläft es? Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer !

Denn eines haben wir Heutigen Friedrich Kellner (und auch Erich Loest) voraus:
Er war allein, wir müssen es nicht sein.

Wir haben keine Chance; nutzen wir sie!

Was das politische Tagesgeschäft anbelangt, so beobachten die Nachdenkseiten "die Medien", kommentieren und kritisieren sie in den werktäglichen "Hinweisen des Tages". Oder Flassbeck Economics . Da sind Profis am Werk, unermüdlich; für Laien ist da nichts zu gewinnen. Das kann mein Thema nicht sein.

Wie aber funktioniert die Produktion derartiger Meldungen – welche Mechanismen sind dort am Werk?
Welche Glöcken werden geläutet, auf dass uns der Speichel fliessen möge? Auch in dem Buch des Herausgebers Albracht Müller Meinungsmache - ich hoffe, er verzeiht mir die Kritik - werden "nur" Beispiele gezeigt, wo welche Meinung gemacht wurde, was vernebelt und verdunkelt wurde.

Nicht aber, welche die zugrunde liegenden Mechanismen. Bevor nun "Verschwörungstheorie" fällt – und zu dem Wort habe ich später noch einiges zu sagen: Man muss sich nicht seines Verstandes bemühen, um Meinung zu machen. Im Gegenteil: Hat man seinen eigenen Verstand erst einmal ideologisch-dogmatisch aufgeladen, funktioniert er auch so ... wunschgemäss.

Auf Erfolge in dem Sinne, dass sich etwas ändert, dürfen wir freilich nicht rechnen. Es heisst, selbstgenügsam zu sein. Sie erinnern sich an das geflügelte Wort "Der Kaiser ist nackt!"? Andersen kannte die Menschen. Hier der Schluss des Märchens,

...
"Aber er hat ja gar nichts an!" sagte endlich ein kleines Kind. "Hört die Stimme der Unschuld!" sagte der Vater; und der eine zischelte dem andern zu, was das Kind gesagt hatte.

"Aber er hat ja gar nichts an!" rief zuletzt das ganze Volk.

Das ergriff den Kaiser, denn das Volk schien ihm recht zu haben, aber er dachte bei sich: ,Nun muß ich aushalten.' Und die Kammerherren gingen und trugen die Schleppe, die gar nicht da war.

Hans Christian Andersen Des Kaisers neue Kleider

So wird es sein, das Ende vom Lied: Es geht weiter wie bisher.

Aber nun genug der trüben Gedanken, Befürchtungen,  Erinnerungen.
Heraus aus dem Dunkel, heraus aus dem Nebel!
In die angeblich so kühlen Luft der Schweizer Berge.
Dort wollen wir den Grund suchen, um Kellner folgen zu können.
(In den Bergen muss man mit schrägen Metaphern rechnen.)

Es gab nie einen 31 Juni, weder 1943 noch in irgend einem anderen Jahr.

Len Deigton Bomber

Tannhäusers Theorie - Eine Ordnung ist zu schaffen

Eine Theorie ist ein System von Aussagen, das dazu dient, Ausschnitte der Realität zu beschreiben beziehungsweise zu erklären und Prognosen über die Zukunft zu erstellen.

Theorie bei wikipedia

Eine Theorie ist in erster Linie ein Text, also eine Verkettung der Zeichen eines Alphabets. Aber in einem tieferen Sinne ist sie auch eine symbolische Konstruktion; bereits die Begriffe, mit denen eine Theorie arbeitet, sind Symbole, die nach einem Wort von Abraham Kaplan nach ihrer Bedeutung in der realen Welt tasten, andernfalls hören sie auf, symbolisch zu sein. Die Worte "tasten nach" stammen von Kaplan, und er hat sie glücklich gewählt – denn wen man sagte, Symbole "fänden" ihre Bedeutung in der realen Welt, so würde man die Tatsache leugnen oder zumindest verschleiern, dass die symbolischen Begriffe einer Theorie niemals ihren letzten Grund in der Realität finden können.

Weizenbaum Seite 190f

Eine Theorie ist natürlich nicht nur ein grammatikalisch korrekter Text, der sich einer Menge von Begriffen bedient, die in irgend einer symbolischen Beziehung zur Realität stehen. Sie ist eine systematische Menge von Aussagen über Gesetze. Ihr Gehalt, ihr echter Wert als Theorie liegt mindestens eben so sehr in der Struktur ihrer Zwischenverbindungen, durch die ihre Gesetze aufeinander bezogen werden, als in den Gesetzen selbst. (Studenten bereiten sich manchmal auf Physikprüfungen vor, indem sie seitenweise Gleichungen auswendig lernen. Sie werden ihr Examen mit derartigen Gedächtnisleistungen zwar bestehen, aber man wird wohl kaum sagen dürfen, dass sie etwas von Physik verstünden, d.h.mit anderen Worten, dass sie über eine Theorie verfügten)

Weizenbaum Seite 192

Eine Theorie, wenigstens eine gute, ist also nicht nur eine Datenbank, in der man "nachsehen" kann, was sich unter den und den Bedingungen ereignen wird. Sie gleicht eher einer Landkarte (auch Kaplan verwendet diese Analogie) eines teilweise erforschten Geländes. Sie hat eine heuristische Funktion, nämlich den Forscher bei seinen weiteren Entdeckungen anzuleiten. Die Art und Weise, in Theorien der Welt ein andere Gesicht geben, besteht nicht in der Antwort auf Fragen, sondern in ihrer Führung und ihrem Anreiz zu intelligentem Forschen. Und es gibt (wiederum) keine einzelne "richtige" Karte eines Geländes. ... Ein Nutzen der Theorie besteht also darin, dass er die die begrifflichen Kategorien vorbereitet, innerhalb derer der Theoretiker und der Praktiker ihre Fragen formulieren bzw. ihre Experimente planen. Normalerweise meinen wir natürlich mit der Umsetzung einer Theorie in die Praxis, dass wir aus ihre Konsequenzen ziehen. Und damit ist wiederum gemeint, dass dass wir bestimmte Umstände voraussetzen, die sich auf bestimmte Begriffe der Theorie beziehen und uns dann die Frage stellen, welche Implikationen diese besonderen Umstände nach der Theorie für andere Begriffe mit sich bringen.

Weizenbaum Seite 192f

Im Moment ist Tannhaeuser natürlich nicht einmal ein grammatikalisch korrekter Text, geschweige denn eine Theorie: Tannhaeuser soll ja erst eine werden. Eine richtige, grosse Theorie, die sich einer Menge von Begriffen bedient, die in irgend einer symbolischen Beziehung zur Realität stehen. Diese Begriffe werden hier en gros als übersicht vorgestellt, und in den folgenden Absätzen wird dann en detail erläutert, was in Tannhaeuser darunter verstanden werden soll - samt der Struktur ihrer Zwischenverbindungen.

Damit wird der Zweck verfolgt, eine Fliesstext-Ordnung herzustellen, wo eigentlich nur eine kunterbunte Mischung von Kreuz-, Quer-, Vorwärts und Rückwärts-Beziehungen herrscht, eine Tatsache die den Schreiber um so mehr hemmt, in dem er guten, ja besten Willens ist. Verfasser wissenschaftlicher Aufsätze sollten viel mehr zu schätzen wissen, das es dort als guter Stil git, erst einmal Dutzende Seiten mit zunächst  beziehungslos nebeneinander gestellre Definitionen und Lemmata füllen dürfen, bevor sie - allrs vor Seite Seite 74 ist unziemliche Hast - endlich erläutern, was das ganze eigentlich soll.

Mit Worten über Worte zu reden ist eine kitzelige Sache, und hier sollen nun Metaphern für Metaphern stehen.- Kaplans "Symbol" ist Tannhaeusers "Metapher".

Kritisch-rationale Ansätze vertreten allerdings die Auffassung, Theorie, Spekulation und Hypothese seien gleichwertig, da theoretische Annahmen grundsätzlich nicht verifiziert werden könnten (Prinzip der Falsifizierbarkeit).

These bei wikipedia

(Selbstverständlich bin ich ein kritisch-rationaler Geist;  unkritisch-rationales ist mir wesensfremd. Dies nur für den Fall, dass Sie diese und meine Auffassung nicht teilen.)
Wenn das so ist:Warum hat dann "Theorie" das Rennen als "Hauptbegriff" genacht und nicht die Hypothese, von der z.B. bei Pirsig viel die Rede ist? Ich habe jeweils das Wort gewählt, dass sich in meinem Leben besonders oft als Schlösselwort gedient hat, um ein Gefühl der kognitiven Dissonanz; das ziemlich sichere Gefähl, jetzt hier verladen zu werden. Wenn solche Worte auftauchen, sollte jeder Arme Willie hellhörig werden. Hier eröffnet schon dieser Teil von Tannhaeuser Gate Möglichkeiten, das Wekzeug-Kästlein der Logik zu öffnen und den oder die Ansatzpunkte auszunuten: Nicht alle Vernebler arbeiten auf hohen professionellen Niveau, und manche verstehen sich schlicht nicht aufs logische Denken. Mir hingegen sind die Grenzen dieses Vorgehens bewusst: Oft genug wurde jenes Gefühl in mir wachgerufen, ohne dass ein solcher Begriff gefallen wäre; oft aber etwa Ähnliches, ein Synonym, - kurz: eine Metapher -, die mir in diesem Zusammenhang bis dahin unbekannt war.  Noch weit häufiger allerdings, so steht zu befürchten, ist das Warnsignal  einfach an mir vorbei gegangen; es hat nicht geklingelt, obwohl es hätte klingeln sollen, aber was will man da tun? Wie das notwendig und hinreichend eben so ist ...

(Schlüsselworte übrigens, nicht um Reizworte. An-Reiz-Systeme reizen, wenigstens mich. Der Arme Willie muss nicht angereizt werden, um gute Arbeit zu leisten, schliesslich ist er kein Hund. Und ob der An-Reizer nun Professor Pawlow oder Dr.Seltsam heisst.)

Ich taste für meine Begriffe nach ihrer Bedeutung in der realen Welt und habe dabei das eine oder andere Mal in die Mausefalle gegriffen; in Zukunft wird das nicht anders sein. Damit muss ich leben, was nicht schlimm ist. Aber damit müssen auch der Leser leben, für den es schlimmer ist, weil ein vielleicht guter Gedanke lediglich un-verständlich ausgedrückt wird - was in einer späteren Version aber verbessert wird. Wenn er dann nicht guckt, tut es mir Leid, wenn auch nur in Massen. Den ich habe ja gelernt - zwischenzeitlich. Das mag nicht das Wichtigste sein. Es ist aber das für mich Wichtigste.

En s'engage et puis on va.

Napoleon bei wikipedia

Folgender Begriffe haben jetzt das Rennen gemacht - in order of apperance:

Das Übertragen von Sinnen oder Die Metapher als Symbol, Gleichnis, Sinn und Sinnbild ...

Die Metapher (vom griechischen μεταφορά, metaphorá, wörtlich "Übertragung", von μετα-φορέω, meta-phoréō, "übertragen, übersetzen, transportieren", bzw. von gleichbedeutendem μετα-φέρω, meta-phérō) ist eine rhetorische Figur, bei der ein Wort nicht in seiner wörtlichen, sondern in einer übertragenen Bedeutung gebraucht wird, und zwar so, dass zwischen der wörtlich bezeichneten Sache und der übertragen gemeinten eine Beziehung der Ähnlichkeit besteht.

Metapher bei V

Ein Bankenrettungsfonds wird geschaffen - der Subtext hierzu: Fonds bedeutet, dass jeder gleichberechtigt einzahlt und nicht der eine mehr und der andere weniger oder gar nichts. Rettung beinhaltet eine barmherzige Hilfeleistung für jemanden, der sich allein nicht mehr zu helfen weiß. Ein in der Finanzgeschichte einmaliger Erpressungsvorgang durch die großen internationalen Geldinstitute wird so zu einer solidarischen Tat, einem Akt der tätigen Nächstenliebe. Ein festgeschnürtes Rettungspaket, ein ganzes Bündel von Maßnahmen evoziert ein Handeln der Vernunft gemäß, da die Metaphern in den Status von Begriffen transponiert werden.

Michael Reitz Der Geist ist sich selbst voraus Die Metaphernlehre des Philosophen Hans Blumenbergs

Eine wahre Flut von verdunkelnden Metaphern entsteht mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise um das Jahr 2010 herum. Banken oder ganze Staaten sind nicht etwa hoffnungslos pleite, sondern nach den Regelungen des inoffiziellen Sprachspiels lediglich in Schieflage geraten. Wer oder was schief liegt, aus der Spur gerät, neben der Musik läuft, kann mit vereinter Anstrengung und nüchternem Expertenwissen wieder auf die rechte Bahn gebracht werden. Die Assoziation zu einem schräg stehenden Hochhaus, das jeden Moment einstürzen kann, gilt es zu vermeiden - deshalb sollen entstehende Verluste aufgefangen, abgefedert oder wattiert werden. Dass dieses zum Pittoresken umgelogene Desaster dreistellige Milliardenbeträge verschlingt, gerät nicht ins Blickfeld.

Michael Reitz Der Geist ist sich selbst voraus Die Metaphernlehre des Philosophen Hans Blumenbergs

Aber dann, am 30. Juli 2012, ich las die "Hinweise des Tages" auf den Nackdenkseiten und es war entschieden: Der Zentralbegriff, mein Zentralbegriff, würde "Metapher" sein.

Somit ist die Entscheidung gefallen: Es wird hier keine keine Allegorie geben, kein Sinnbild, keine Floskel oder Redewendung;  nicht einmal eine Worthülse mehr - nur noch die Metapher.

Die Metapher ist eigentlich griechischen Ursprungs und stammt von den dortigen Marktplätzen her. Ich stelle mir vor, dass der Begriff Treppenwitz daher kommt, dass ein Familienvater, voll des süssen Weines - *Griechischer Wein", natürlich - die Treppe vom Marktplatz zum traulichen Heim hinunter wankend und - jählings! - begreift, worauf der Rhetor vorhin hinaus wollte. *Heureka! Wer zuletzt lacht, hats am spätesten verstanden.

Nun ja, besser spät als nie. Eine solche Metapher, die zum Denken anregt, ist eine gute Metapher - bringt den Menschen weiter. (Intelligente Scherze vom Typ "Englischer Humor" basieren häufig auf dem von einer Metapher gesetzten Widerhaken; das amüsiert und macht fröhlich.)

"Eine sonderbare Vorstellung, dass hinter dieser elfenbeinfarbenen Stirn eine ganze Whifflets-Kampagne siedet und spriesst."
"Gemischte Metaphern", tadelte Miss Meteyard. "Kessel sieden, Pflanzen spriessen."
"Natürlich; es ist ja eine Blume der Rhetorik, aus dem Kräutergärtlein gezupft.""

Dorathy Sayers Murder must advertise

Na mal sehen, welche Seerose sich aus meinem Kartoffelacker ernten lässt.

Im schroffen Gegensatz dazu stehen die von Herrn Reitz dargestellten Beispiele: dort dient die Metapher dazu, das Denken zu verhindern. Der Redner sucht sich seine Metapher so aus, dass sie beim Publikum ein Gefühl hervorruft (Wut, Empöhrung, Betroffenheit, egal) und es dadurch am Nachdenken hindert. Und es ist nicht etwa "die Metapher", die da ein Gefühl hervorruft - nein, es gibt handelnde Personen. Diese können gutwillig, aber unfähig sein ...

Zugegeben, ich bin wohl nicht sehr begabt im Erfinden von Allegorien

William von Baskerville in Umberto Eco Im Namen der Rose
 (Hier Online als PDF)

... oder aber bösartig.

Irgendjemand denkt sich doch den Namen aus?

Findungsprozess

Wörk-Group Kommitee Arbeitskreis

Auswahl-Verfahren

Entscheidungsträger Der Name stand doch mal, mit vielen anderen Kollegen, auf einer Liste under - nicht wurde erwählt; ich hasse derartige Passiv-Konstruktionen zur Volksverdummung -, sondern es gab Menschen, die bei Kaffee, Tee und Gebäck diesen Akt der tätigen Nächstenliebe vollzogen und diesen Namen in die Welt gesetzt nderen haben?

Diee Moral der Dr.Seltsams oder Guter Wille, böse Absicht?

Der Film beginnt mit einem Zitat Rousseaus:
    "Wir hassen die Bösen nicht nur, weil sie uns schaden, sondern weil sie böse sind."
– Jean-Jacques Rousseau

Urheber Tatort: Weil sie böse sind bei wikipedia

Am 19.Februar 1943 hielt Goebbels seine Rede über den "Totalen Krieg".
[ ... ]
Nur noch in Hitlers gelungensten Veranstaltungen hatte ich ein so wirkungsvoll fanatisiertes Publikum erlebt.In sseine Wohnung zurückgekehrt, zergliederte Goebbels zu meinem Erstaunen seine scheinbar emotionalen Ausbrüche auf ihren psychologischen Effekt - nicht viel anders, als ein routinierter Schauspieler es wohl getan hätte. Auch mit seinem Auditorium war er an diesem Abend zufrieden. "Haben Sie bemerkt? Sie reagierten auf die kleinste Nuance und gaben Beifall genau an den richtigen Stellen. Es war das polisch bestgeshulte Publikum, das Sie in Deutschland finden konnten."

Albert Speer Erinnerungen Seite 269

Wir kritisieren im Moment noch nicht, (so schwer es fällt, diesen mörderischen Unsinn unkritisiert wiederzugeben), wir stellen dar.

Sebastian Haffner Anmerkungen zu Hitler Seite 106

In jener Nacht auf der Flucht aus den Südkarpaten wusste Professor Abronsius noch nicht, dass er das Böse, das er für immer zu vernichten hoffte,  mit sich schleppte. Mit seiner Hilfe konnte es sich endlich über die ganze Welt ausbreiten.

Transskript von Tanz der Vampire bei youtube, Schlussszene

(Herr Kapellmeister, Musik bitte! Ludwig van Beethoven 7. Symphonie, 2.Satz)

Die Moral, das Wie wir wurden, wie wir sind der Produzenten und Propagandisten interessiert mich schon - aber nicht hier.

Dieser Torquemada ist eigentlich ein ganz netter Bursche, wenn man ihn näher kennt. Grosser Kinderfreund!

Kellner überliefert uns nicht, wie er Kenntnis von der Rede erhielt - er kommentiert sie nur.

In Tannhaeuser geht es darum, mit dem Bösen fertig zu werden - was interessiert da der Kutscher?

Ganz gewiss soll es nicht um die Hohepriester dieser neuen Religion gehen.  Solche Leute interessieren mich nicht. Heiner Flassbeck , der viele von ihnen persönlich kennt, versichert, dass nicht böser Wille sei, der sie - oder gar ein böser Wille - sie treibt. (Privat würde ich allerdings gern wissen, ob der Rückschluss Die sind so dämlich! gilt.)

 

Diese Thema lässt sich auch nicht gut diskutieren, weil da alsogleich "Verschwörungstheorie!" gerufen wird. Gewiss; ebenfalls ein argumentum ad hominem; und als solches aber eine Ablemkung vom Thema.

Letztlich ist es mir auch gleichgültig, ob böser Wille oder nicht, denn das Ergebnis "für uns" oder "auf uns"ist dasselbe.

Thougts Deep Mountain High oder die Logik in der Schweiz

Im Roman [Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams] wird ein Computer namens Deep Thought von einer außerirdischen Kultur speziell dafür gebaut, die Antwort auf die Frage aller Fragen, nämlich die "nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest" zu errechnen. Nach einer Rechenzeit von 7,5 Millionen Jahren erbringt er dann die Antwort, nämlich "Zweiundvierzig". Diese Antwort ist natürlich unbefriedigend – im Text zusätzlich dadurch pointiert, dass Deep Thought gegenüber den gespannt wartenden, eigens für diesen Moment auserwählten Bedienern die Antwort verzögert und vorausschickt, ihnen werde die Antwort nicht gefallen.

Der Computer weist darauf hin, dass die Frage niemals präzise gestellt wurde ("I think the problem, to be quite honest with you, is that you've never actually known what the question is.”). Er schlägt ihnen deshalb vor, einen noch größeren, von ihm erdachten Computer zu bauen, der fähig ist, die Frage zur Antwort zu finden. Dieser Computer wird dann auch gebaut und dessen Programm zur Suche der Frage auf die Antwort gestartet. Wie sich im Romanverlauf herausstellt, ist es der Planet Erde, der seine Aufgabe aber nie vollenden kann, weil er fünf Minuten vor Ablauf des Programms im Rahmen des Verkehrsprojekts einer Hyperraumumgehungsstraße von den Vogonen gesprengt wird.
 

Die Antwort auf die Frage "nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest" ("life, the universe and everything”) bei wikipedia

Infolge dessen ist jede empirische Wissenschaft eine kunstvolle Struktur, die auf Pfeilern ruht, die nicht etwa in Fakten verankert sind, wie gemeinhin vermutet wird, sondern im Treibsand fehlbarer menschlicher Urteile, Vermutungen und Intuitionen.

Weizenbaum Seite 30

Ein Grund wird gesucht – am besten, ein höherer Grund ("Higher Ground"). Oder besser: muss gelegt werden.

So many things I´ve left undone
So many rights, too many wrongs
Feels like I´ve never cross the line (Oh yeah)
I was write in front of me
I was blind, but now I see

Jennifer Rush Take me to higher ground

Und wer könnte besser geeignet sein als meine freundlichen Gastgeber seit 20 Jahren: Das Schweiter Volk? (Ich bin ein Fan der Schweiz, ich lebe in der Schweiz, ich schreine in der Schweiz –folglich schreibe ich den hiesigen Rechtschreibregeln entsprechend Schweizerisch mit grossem S.) Hier wird hartes Gestein gebohrt, wenn auch nicht tiefe, so doch lange Tunnel. Bodenständig und langfristig denkend - so etwas braucht man.

And do I love you my oh my
Yeh river deep mountain high
If I lost you would I cry
Oh how I love you baby, baby, baby, baby

Tina Turner River Deep Mountain High
Original 1966 promo bei youtube

In all den vielen Jahren bin ich hier immer gut behandelt worden – die Ausnahmen sind der Rede nicht Wert. Besondere Fan bin ich natürlich der Schweizer Frauen – klugerweise hat  die Schweize 2013 Tina Turner einsgebürgert. (Ein Portrait Tina Turner by Helmut Newton gibt es wohl leider nicht - aber google täuscht ja oft; daher ersatzweise Tina Turner 1970 .) ( ... eine Nachlässigkeit der Natur, die inzwischen künstlich korrigiert ist ...)

 

Rein professionelle Gründe leiten mich, natürlich. Rein dienstlich! Nicht, dass mir da ein falscher Verdacht aufkommt! Die Einheit in der Vielfalt, und die Vielfalt in der Einheit ist ein Hauptsatz der Fotografie, und schön sind sie alle, aber eben eine jede auf ihre igene, persönliche Weise.

Ich grüsse meine Freunde vom Freibad Laufenburg.

Mathias Binswanger ist Schweizer. Der schreibt Sätze wie den:

Nur eine Regierung, die immer wieder durch das Volk in die Schranken gewiesen wird, handelt längerfristig auch in dessen Interesse.

Mathias Binswanger Achtung, fertig –Halt! DIE ZEIT (2009)

Diese Meinung ist in Deutschland nun nicht eben weit verbreitet.

Es geht Binswanger in seinem Artikel um "Reformen pro Zeiteinheit", und um "den" Schweizer Stimmbürger, der sich dem Reformtempo hartnäckig verweigert – weil er zu bedächtig ist. Das zu begeistert mich besonders, denn um das Denken, und das be-Denken geht es hier ja. Kann man denn zu viel denken? Kann man überhaupt zu viel be-denken? Eine Gruppe von Menschen, die man derart kennzeichnet – um das Wort diffamiert zu vermeiden – kann mir nur sympathisch sein, und gern würde ich zu ihnen gerechnet werden!

"Ihr seid zu bedächtig!"

"Wirklich? Darüber muss ich erst einmal nachdenken."

Nun habe ich noch nie an einer Schweizer Abstimmung teilgenommen und kann daher nicht aus eigener Erfahrung sagen, worüber der Bürger nachdenkt – welche Fragen er sich stellt. Aber – wenn alle spekulieren, warum dann nicht auch ich?

Wenn ich mir die Wahlbeteiligung anschaue, wir seine erste Frage vermutlich Muss das sein? Lauten, und seine zweite Muss das jetzt sein?. Unf das noch, bevor er den Umschlag mit den Abstimm-Unterlagen öffnet.

Gern wird von wohl meinenden, modernen, allem Neuen zugewandten Bürgern zitiert.

Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird wenn es anders wird; aber so viel kann ich sagen, es muß anders werden, wenn es gut werden soll.

Georg Christoph Lichtenberg Sudelbücher II. München 1971, S. 450, Aph. K 293 (1796).

"Ob es besser werden wird, wenn es anders wird, weiss ich nicht, dass es aber anders werden muss, wenn es besser werden soll, das weiss ich!" - dieser Ausspruch Lichtenbergs enthält einen Hinweis auf die Unbestimmtheit eines negativen Zielzustands und zugleich eine Mahnung zur Vorsicht beim Umgang mit solchen Zielen.

[Dörner] Seite 75f

Wenn der Arme Willie für den Begriff gut sensibilisiert ist, wird er sich fragen Wieso gut werden? Was ist denn an dem bestehenden schlecht; so schlecht dass wir es ändern sollten? Also etwa Was ist so falsch an der Armee , dass man sie nun gleich abschaffen sollte?

Und dann: Wenn man nicht einmal weiss, das es besser werden wird, dann warten wir besser. So lange, bis wir eine Lösung haben, von der wir wissen. Oder wenigstens eine Lösung haben, von der wir berchtigte Hoffnung haben, dass sie nur das Schlechte verändert, das Gute jedoch unangetastet lässt.

Manchmal geht es auch schief – manchmal kennt man eben nicht alle Einflussgrössen ...
Und auch in der Schweiz ändert sich  das Betriebsklima - oder besser wohl: auch in der Schweiz gibt es Chefs, die das Betriebsklima gern "modernisieren" möchten.  Immerhin: Es werden neue Stellen geschafffen: Nicht in der Produktion, aber im Sicherheitsbereich - sprich: bei der Überwachung. Man fragt sich natürlich, was billiger gewesen wäre ...

St. Gallen - Die Stadt St. Gallen baut für 159 Millionen Franken ein Erdwärme-Kraftwerk und erweitert das Fernwärme-Netz. Die Stimmberechtigten hiessen den Kredit mit 18'561 zu 3827 Stimmen sehr deutlich gut. Die Stimmbeteiligung betrug 53,4 Prozent

greeninvestment vom 28. November 2010

Ich werde in diesem Kapitel immer wieder auf diesen Artikel zurückkommen, hier sei der Artikel erwähnt, weil er eine ganz prima Definition für den Armen Willie hergibt;

Aber nach wie vor gibt es eine hartnäckige Minderheit, die stur an ihren Volksrechten festhält,

Mathias Binswanger Achtung, fertig –Halt! DIE ZEIT (2009)

Wegen seines spöttischen Untertons - der mir ungemein behagt - habe ich im Laufe der Zeit den Artikel immer wieder gern gelesen- Das sei zugegeben, und ich schäme mich dessen nicht! Als Teaser – selbst lesen macht schlau

Deshalb muss die Regierung zum langfristigen Wohl ihrer Bürger manchmal streng sein und auch unpopuläre Entscheide treffen, so wie Eltern ihren Kindern zu deren eigenem Wohl etwas verbieten müssen. Antiautoritäre Erziehung hat sich nicht bewährt.

Mathias Binswanger Achtung, fertig –Halt! DIE ZEIT (2009)

Mein Nicht-Schweizertum zeigt sich am Ende des letzten Satzes: Eine solche Metapher muss für mich mit einem Ausrufungszeichen enden Ausrufezeichen! Aber ich denke, der Vergleich wird Manchem als passend erscheinen. Jedenfalls dann, wenn er sich als Vormund seiner Mitbürger - Pardon, seines Landes fühlt – man beachte das besitzanzeigende Fürwort.

 

Seine Höflichkeit machte ihm keine Freude, da Mr.Aberts mit seiner leicht herablassenden Eleganz und Besserwisserei nicht gerade der Typ aus Übersee war, der seine Sympathie erwecken konnte.

"Ja", sagte Mr.Alberts, "es vergeht nicht kein Tag, an dem ich die Grossartigkeit und Schönheit Ihres Landes nicht mehr und mehr bewundere."

"Sehr gütig von Ihnen, wirklich", murmelte Sir Neville als Erwiderung. Eine Schmeichelei von solch zermalmender Grossherzigkeit war die Waffe, die die Achillesferse der Engländer mit grösster Wahrscheinlichkeit treffen würde. Irgendeine gerechtfertigte Kritik wäre Sir Neville lieber gewesen, denn da hätte er sich geschickt fechtend heraushauend können, da hätte er auf eigenem Boden gekämpft. Er steckte selber so voller Kritik, dass er die Ritzen in der Rüstung kannte, die er nach Belieben angreifen oder verteitigen konnte.

 

Peter Ustinow Krumnagel Seite 125

Auch und gerade seines Alters wegen nehme ich den Artikel gern zur Hand; bietet dies doch den Vorzug, die Qualität der Voraussagen mächtiger, aber anonymer, Wahrheit stiftender Institutionen an der Realität zu prüfen. Die sich als Vormund gern für die Geschicke anderer Länder verantwortlich fühlen – einfach so, aus purer Grossherzigkeit, ohne ge-rufen oder gar be-rufen zu sein.

So forderte etwa die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Schweiz in ihrem Länderbericht 2007 zu einem größeren Reformtempo auf. Ansonsten bleibe das Land »in dieser Hinsicht innerhalb der OECD-Staaten zurück und gefährde den Lebensstandard seiner Bürger«. Hinter solchen Aussagen steckt der Glaube, dass es einem Land umso besser gehe, je mehr Reformen pro Zeiteinheit durchgeführt werden.

Mathias Binswanger Achtung, fertig –Halt! DIE ZEIT (2009)

Es sind einge Jahre vergangen, die Flut ist gefallen und wir sehen: wenig Gold und viele alte Flaschen. Schade, das mir Wortgeklingel verboten ist; es käme mir da einiges in den Sinn wie ideologisch gefestigt, neliberal aufgeladen und doktrieniert indoktrienierend.

Ernest Renan
Bekannt ist Renan auch für seine Rede vom 11. März 1882 in der Sorbonne: Was ist eineNation?, in der er folgende, moderne Definition gibt:
"Die Nation ist eine große Solidargemeinschaft, die durch das Gefühl für die Opfer gebildet wird, die erbracht wurden und die man noch zu erbringen bereit ist. Sie setzt eine Vergangenheit voraus und lässt sich dennoch in der Gegenwart durch ein greifbares Faktum zusammenfassen: die Zufriedenheit und den klar ausgedrückten Willen, das gemeinsame Leben fortzusetzen. Die Existenz einer Nation ist (man verzeihe mir diese Metapher) ein tägliches Plebiszit, wie die Existenz des Individuums eine ständige Bekräftigung des Lebens ist."

wikipedia

Sei es drum. Die Schweiz hat es ja mit der Ordnung, und mache meiner Freunde beklagen das - oder stehen dem wenigstens skeptisch gegenüber. Grund genug, den Begriff "Ordnung" zu hinterfragen.

"Zur Ordnung!": Die herrschende Ordnung und die dienende Ordnung

Tagebucheintrag Gottschalks vom 7.9.05
Das andere oder das Neue: Der Jumpingbean Tree. Dessen genaues Gegenteil: Das Zusammenschlagen der Hacken. Klack. Das Strammstehen. Der deutsche Aar. Das Abstrakte. Keine Fragen haben. Jawolllsagen. Ordnungsliebe. Ist es nicht doch bezeichnend, dass wir im Deutschen, wenn wir etwas tun wollen, immer sagen: Das geht in Ordnung.

Uwe Timm Morenga Seite 340

In Deutschland herrscht Ordnung.
Es wäre besser, wenn sie dienen würde.

Gabriel Laub?

Ich erinnere mich noch an den Moment, als ich dieses Zitat fand, und in der Rückschau erkenne ich, dass es dieses so unschuldig daher kommende Satzpaar als Kristallisationspunkt diente, an den andere Erkenntnisse andocken konnten.

Es ist an der Zeit, eine Klammer zu öffnen, die mit dem letzten Abschnitt "Selbstbezüglichkeit" geschlossen werden soll. Ob eine Ordnung eine herrechende oder eine dienende ist, kommt auf die Betrachtungsweise an - fotografisch: die Perspektive. Einr Ordnung, die den Armen Willie behesscht, dient den Heschenden dazu, den Amen Willie zu behereschen. Da ich auf der Seite - oder wohl besse: an der Seite - des Armen Willie stehe, ist meine Sicht stets die Seine. Und wenn mir jemand mit Einstein kommt (Es gibt keinen ausgezeichneten Standpunkt!), so antworte ich ihm: Für mich schon. Aber dazu später mehr.

Einschub: Das Wort Dichotomie habe ich gestrichen. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, ich hätte es nötig, meine Texte aufzuplustern. Deshalb werde ich mich auch bemühen, Denglisch zu vermeiden.

Negativ hat einen schlechten Ruf oder Ex falso quodlibet

"Unsichtbare, rosafarbene Einhörner sind Wesen mit großer spiritueller Macht. Wir wissen dies, da sie fähig sind, gleichzeitig rosafarben und unsichtbar zu sein. Wie alle Religionen basiert der Glaube an das Unsichtbare rosafarbene Einhorn auf Glauben und Logik: Wir glauben, dass es rosafarben ist, aber logisch betrachtet wissen wir, dass es unsichtbar ist, da wir es nicht sehen können."

– Steve Eley

Das unsichtbare rosafarbene Einhorn (engl. invisible pink unicorn, Abk. IPU) i bei wikipedia

Zur Erhöhung der Aufmerksamkeit werde ich in diesem Abschnitt ein wenig mit den verschiedenen Bedeutungen spielen, die wir mit dem Wortpaar "Positiv und Negativ verbinden. Im Bereich der Medizin wird ein positiver Test meist als negativ empfunden. Jedenfalls im Moment – betrachtet man es auf Dauer, in der Zeit, so relativiert sich die Sicht. Etwas frühzeitig Erkanntes kann auch frühzeitig behandelt werden, hat nicht so gravierende Aus- und Folge-Wirkungen.

Die korrekte Verneinung oder In der Schweiz herrscht keine Unordnung!

Aus dem Gesagten könnte man meinen, ich wäre der Ansicht, dasss in der Schweiz (eben: im Gegensatz zu Deutschland) keine Ordnung herrscht. Ja, dem ist so. Falsch hingegen ist, dass ich der Ansicht bin, dass in der Schweiz die Unordnung herrscht. Auf eine solche Idee kann überhaupt nur jemand kommen, der des Logischen Denkens unkundig ist - und das sind wohl die meisten. Die Negierung von In der Schweiz herrscht Ordnung ist dir Nergierung einer aus herrschend und Ordnung zusammengesetzten Aussage, und die heisst Nicht-herrschend oder Nicht-Ordnung (oder beides).

 

Nun ist es sicher richtig, dass in der Schweiz - neben dem geschriebenen Recht - ein recht strikter Verhaltenskodes besteht, etwa die Pünktlichkeit betreffend.

Über die Pünktlichkeit der Schweizer wird zu Unrecht gelästert. Sie gehen damit viel lockerer um, als Sie glauben. Wenn man Sie um 19.30 Uhr bestellt hat, können Sie durchaus eine Minute zu früh bis zwei Minuten zu spät kommen. Das wird immer noch als passabel pünktlich empfunden.

Das 'kleine Einmaleins' für den Schweiz-Besuch

Allerdimgs muss ich anmerken, dass sich hier wohl einiges geändert hat.
In meiner MirarbeiterBeurteilung sollte ich die suggestiv gestellte Frage beantworten, ob ich pünktlich zu Besprechungen kommen würde oder eine Viertelstunde vorher. Ich habe ihnen zurückgeschrieben, dass Pünltlichkeit von Punkt kommt und nicht von eine Viertelstunde vorher.

Das Negativ ist die Mutter aller Positive – nicht nur in der analogen Photographie

Als Fotograf sehe ich mich hauptsächlich als Verfertiger von Negativen. Alles, was in der Fotografischen Kette später kommt - das Auswählen, das Präsentieren - überlasse ich gern anderen. Und so habe ich zum Negativ eine besonders intensive Beziehung.

Denn aus dem Negativ kann man viele verschiedene Positive schaffen – grossr oder kleine Formate; quadratische, rechteckige und runde; Ausschnittsvergrösserungen, helle und dunkle Abzüge, was immer.

Nur eines kann man nicht:
Etwas im Positiv abbilden, was ich im Moment der Aufnahme ausgeschlossen habe.
Was nicht betrachtet wurde, als Nicht-Wesentlich oder gar ablenkend, kann auf keinem Abzug mehr erscheinen.
Natürlich: Es gibt immer wieder eine neue Chance.
Aber es gibt nie wieder dieselbe Chance noch einmal.

Kant empfindet die Goldene Regel als negativ!

Der kategorische Imperativ wird häufig mit "Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu!" verwechselt. Diese so genannte Goldene Regel ist nicht mit Kants philosophischer Konstruktion des kategorischen Imperativs gleichzusetzen. Die goldene Regel ist ein hypothetischer Imperativ, weil sie einen Zweck verfolgt: die Vermeidung von Dingen, "die man nicht will". Ebenso träfe hier das Kriterium der Verallgemeinerbarkeit nur auf die Handlungen zu, hingegen aber nicht auf die Maximen wie beim kategorischen Imperativ. Kant wandte sich vor allem gegen die negative Form der goldenen Regel:

wikipedia

Es ist schon klar, dass Kant die Goldene Regel als Geschäftsschädigung empfinden musste: Er hatte sich nun bemüht, ein Konstrukt zu finden, mit der auch ein Armer Willie aktiv gestalterisch tätig werden konnte, und dann kommt da jemand mit schlappen Abwarten oder Unterlassen daher. Womöglich noch in gereimter Form! Zur Verschleierung des Negativen!

Das Gute - dieser Satz steht fest -
ist stets das Böse, was man lässt.

Wilhelm Busch Die fromme Helene, Epilog

Jedoch gehe ich davon aus ... es steht für mich fest, dass Kant nichts gegen eine Welt hätte, in der alle nach der Goldenen Regel leben. Oder wenigstens danach strben. Denn in einer solcen Welt könnte man ja alle Vorstellungen drssen, was einem nicht passieren soll, zusammenwerfen (und auf diesen Haufen "Menschenrechte" schreiben), um dann gemeinsam nach einer Gestzgebung zu suchen.

"Sempere aude" als Warnung vor dem "Nicht so, sondern so!"

Ich verwende gerne Satz.Konstruktionen der Form "Nicht dieses, sondern jenes!". Da mein Anliegen die Klärung ist, bemühe ich mich natürlich um ein möglichst illustratives dieses. Aber das heisst nun eben nicht, dass das Jenes tatsächlich daraus folgt. Derart apodiktisch vorgebrachte Aussagen (""keinen Widerspruch duldend" ) verstehe ich immer als mit einem Vor-Satz "Was hälist Du davon" versehen, also eine Einladung zum Nachdenken. Weniger über das Negativ-Beispiel – was fällt einem schon in der Hitze des (Wort-)Gefechtes schon ein? Aber es ist darüber nachrudenken, ob wir es heir nicht mit einem Problem des Typs Hyda zu tun haben; Wenn mit dem Jenes ein Problem beseitigt wird, werden dafür zwei neue geschaffen.

Also: so mag es gehen. Aber geht es nicht auch anders? Irgendwie ... besser? Du gute Güte!

Qualität? - Die gute Güte!

Qualität hat bei uns einen schlechten Ruf

Ein durch die Zertifizierung nach ISO-9000 geplagter Chef

Das Leben wurde für mich erheblich leichter, als mir beruflich der Begriff "Qualität" das erste Mal begegnete . Als ich einige Jahre später das Buch Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten las, dass sich einer der Held erheblich leichter getan hätte, und auch nicht dem Wahnsinn verfallen wäre, wenn er sich ebenfalls mit der ISO-9000-Begriffswelt (oder auch: der Theorie ISO-9000) beschäftigt hätte.

Allerdings habe ich die Absicht, hier eine Abhandlung zur Qualität (oder, im nächsten Abschnitt, zu Softwae-Qualität) zu schreiben. Wer sich dort informieren möchte, ist wie so oft bei wikipedia gut bedient. Mir geht es nur darum, einige wenigen, eigentlich leicht fassbaren Begriffe vorzustellen, die eine Erfolg versprechende Sicht auf Probleme ermöglichen.

Um jetzt keine Panik aufkommen zu lassen, meine private Theorie zur Qualität basiert auf folgenden Begriffen:

Das ist schon alles. Und das sieht doch kaum angsterregend aus? Um nun Weizenbaums Anforderung an eine Theorie zu genügen, müssen wir uns einige Gedanken über die Zusammenhänge machen, und das soll im Folgenden ja auch geschehen.

Aber schon jetzt kann manschemenhaft schon den Fundamentalgedanken zu erkennen:

Einschub für Besserwisser und Recht-Behalter
Ich habe mir daher auch die Mühe gemacht, Texte aus alten, heute überholten Versionen abzutippen, wenn ich meinte, dass diese Formulierungen intuitiv besser fassbar sind – ohne dies im Einzelnen gesondert auszuweisen. Die Begriffe entstammen der zurückgezogenen Norm EN ISO 8402:1994

Abschliessend noch:

Die Skepsis des oben zitierten Chefs an der Zertifizierung teile ich.

Denn bei einer Zertifizierung tendiert Qualität dazu, zum (Selbst-)Zweck zu werden. Zum Herrscher: Die herrschende Ordnung.

Qualität aber muss dienen. Sie muss dem Armen Willie dazu dienen, sein Leben einfacher zu machen.

Dann – und nur dann – profitiert die Organisation als Ganzes.

Alte Fehler – mein beabsichtigter Gebrauch

Die Nichterfüllung von Anforderung des beabsichtigten Gebrauchs

Kröhl, ein pensionierter Finanzbeamter, [ ... ] Als er noch im Amt war, hatte er mal meinem Vater gesagt: "Das ist natürlich wieder alles falsch".
"Wieso 'natürlich'", hatte mein Vater geschriehen. "Und wieso 'wieder' und 'alles'?"

Walter Kempowski Tadellöser und Wolff  Seite 8

Der wesentliche Vorzug dieser Definition ist die Einführung des "beabsichtigten Gebrauchs" in die Gedankenwelt. Dieser Begriff stellt nämlich eine Verbindung zum Begriff Ordnung her, und öffnet uns das Untersuchungsfeld auf die Frage "Für wen ist das ein Fehler, und warum ist es (für ihn) ein Fehler?". Nebenfrage: Ist das auch für mich ein Fehler, oder ist es ein feature?

Durch die Unbestimmtheit werden wir dazu gezwungen, in der Fehler-Beschreibung darzulegen, was genau der beabsichtigte Gebrauch denn ist? Wie sollte es denn sein?

Robert M.Pirsig beschreibt in seinem Buch Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten sehr schön, wie er (oder "man") vorgeht, wenn das Motorrad nicht anspringt: man drückt auf die Hupe. Wenn's quäkt, funktioniert Batterie und Lichtmaschine. und wahrscheinlich noch eine ganze Menge mehr.

In täglichen Leben wird man sicher nicht so systematisch an die Sache herangehen. Was dann schade ist, wenn derselbe Fehler häufiger auftaucht. Wenn heute fas Motorrad nicht anspringt, weil die Batterie entladen ist, diese ersetzt wird, aber morgen schon wieder entladen ist, dann zeigt sich, dass "Batterie entladen" eben keine gute Fehlbeschreibung ist ... eigentlich, bei näherem Hinsehen, eine fehlerhafte: Denn eine richtige Fehler-Beschreibung soll ja dazu zu gebrauchen sein, das Problem an der Wurzel zu packen und an der Wurzel zu beheben. Also etwa nach durchgescheuerten Kabeln zu suchen, die Kriechströme ... Man sieht, ich habe mein Lebtag noch nicht auf einem Motorrad gesessen, und Elektrotechniker bin ich auch nicht.

Wobei ich merke, dass ich einen Fehler gemacht habe. Denn ich beabsichtige ja, in diesem Dokument die Schriftsteller anhand der Zitate vorzustellen, die mir etwas klar gemacht haben, und Pirsig gehört sicher dazu. Aber ausgerechnet dieses Buch habe ich noch nicht aufbereitet, und nun müssen Sie darunter leiden.

Achtung, fertig - Halt" oder doch besser Ziele?

Ich habe schon berichtet, wie wichtig es für mich war, bei Dietrich Dörner den Unterschied zwischen Positiv und Negativ kennenzulernen – oder vielmehr, diesen mir in der Fotografie durchaus geläufigen Unterschied auch im praktischen Leben anzuwenden. Und alle an mich gerichteten Ansinnen darauf zu prüfen, ob sie in Negativer, also die Lösung zunächst offenliessen. Oder ob mir gleich eine Lösung – nahegelegt wurde; in diesem Fall musste ich mich zunächst der Mühe unterziehem, zunächst zu bestimmen, welches Problem da eigentlich gelöst werden soll – gewissermassen eine Rückkehr zum Negativen. Ich werde dieses Thema später noch aufgreifen.

Nun kann man das Verständnis für dem Komplex Qualität eben auch über den Zugang Ziele erreichen. Es ist nicht zu leugen: Im normalen Leben, wo schnelle Antworten gefragt sind, ist dieser Ansatz günstiger.

Ich möchte den Leser nicht des Vergnügens berauben, selbst das Kapitel 4 "Der Umgang mit Zielen" berauben, und es leigt mit fern, Herrn Dörner um seine Honorare zu prellen. Daher müssen einige Appetithäppchen genügen. Aber genau darum geht es mir ja: Nicht den Hunger zu stillen - oder den Durst, wenn ich die Pferde zum Wasser getragen habe -, sondern sich umzuschauen, welches Restaurant, Kneipe oder Beiz am geeignesten ist.

Es geht mit nicht um die Begriffe als solche, sondern um ihren Gebrauch. Die Anwendung in der Praxis. Ziele in diesem Sinne sind gewissermassen isoliert; dem Qualitätsbegriff kommt es mehr darauf an, de Zusammenhang mit anderem ins Bewusstsein zu heben; es dokumentierbar diskutierbar kritisierbar zu machen.

Die Schuldfrage und Das Gesetz der reziproken Relevanz

Je unwichtiger ein Punkt (Problem, Thema) ist, desto mehr wird darauf herumgeritten

Urheber mir unbekannt

Wie suchen nicht nach einem Schuldigen; warum auch, wir haben ihn ja schon.

Urheber mir unbekannt

Wenn ein Missstand zu Tage tritt, zögernd zunächst . Irgendwie funzt es nicht -, dann führt meine sehr allgemeine Definition "Fehler" dazu, das man sich um eine präzise Fehlerbeschreibung kümmert – also aktiv wird, und aktiv die Fehler-Behebung vorbereitet.

Der übliche, unspezifische Umgang mit dem Wort" falsch" oder "Fehler", wie er etwa in dem Satz "Das ist natürlich wieder alles falsch" deutlich wird, schaltet eine entscheidende Weiche falsch. Denn gemeint ist natürlich "Sie haben natürlich wieder alles falsch gemacht" - und genau so wird es bei Kempowsli auch verstanden.

Es sei denn, das Abgleiten ins Persönliche, wenn nicht gar das unabsehbar weite Feld der persönlichen Beleidigung ist beabsichtigt. (Schopenhauers Kunstgriff 08 lautet "Den Gegner zum Zorn reizen") Sechs Worte, vier Beleidigungen – um das in einem Satz unterzubringen, muss man wohl deutscher Finanzbeamter sein. In der Schweiz kommt das nicht vor. Aber da wird der Bürger auch nicht als Feind betrachtet.

Fehler zeigen sich mit der Zeit oder Fern-, Folge-, Seiten- und Neben-Effekte

In der Ostschweiz hat am frühen Samstagmorgen die Erde gebebt. Auslöser waren vermutlich Bohrungen im Sittertobel. Das Projekt wurde vorläufig gestoppt. Der Vorfall weckt Erinnerungen an das gescheiterte Basler Geothermie-Projekt.

Schweizer Fernsehen SF, 20.Juli 2013

Der Fluch des ceteris-paribus-Denkens: Es ändert sich ja sonst nichts
"Das Gute - dieser Satz steht fest - ist der Fehler, den man lässt!"

Now this is not the end. It is not even the beginning of the end. But it is, perhaps, the end of the beginning.

Winston Churchill

Qualität – Die veraltete Definition

Qualitätsforderung oder Neues Spiel? Neues Glück!

Wer erst dann weiss, was er will,
wenn er sieht, was er kriegt,
hat verdient, was er bekommt

Erster Hauptsatz des Software-Designs

Warum sollte der Arme Willie sich überhaupt auf eine solche Diskussion "Qualität" im allgemeinen oder "Fehler" im besonderen über einlassen? Wozu braucht er das?

Antwort: Aus Selbstschutz.

Es gibt Chefs, die kommen gefühlt alle Stunde und ändern die Anforderungen. Man staunt über die Formulierungskünste.

"Priorität hat ,... am Wichtigsten ist ... vorausgesetzt natürlich, unter der Grunvoraussetzung ... in erster Linie muss ... unverzichtbar ... aber Hauptsache ... ".

Besonders gefährlich wird es für den Armen Willie, wenn all diese Forderungen in einzelnen emails eintrudeln. Dann nämlich kann er später, wenn das hanze erwartungsgemäss gescheitert ist, ein email davon herausziehen: "Aber ich habe Ihnen doch am 27.Juli ausdrücklich ... "

"Was ist denn jetzt nun das Wichtigste?"
"Welchen Wochentag haben wir denn?"
"Donnerstag"
"Und wieviel Uhr?"

Frei erfunden

In einer solchen Situation springt uns Armen Willies die Qualität hilfreich zur Seite – das festgelegt und vorausgesetzt. Zunächst einmal werden die Forderungen gesammelt, geordnet, aufbereitet. Und da habe ich überhaupt nichts dagegen, wenn neue Ideen speditiv vorgebracht werden. Jedes Verständnis- auch mir sind auf Treppen oder sonstigen Stillen Örtchen die besten Ideen gekommen. Auch Nachlieferungen laufen unter Besser spät als nie.

Bis zu dem Moment, wo man So! sagt und das Buch schliesst: Das ist jetzt unsere Forderungen. Das ist jetzt und für alle Zeiten unsere Qualität. Bis das Vorhaben als Ganzes stirbt.

Und wenn einem jetzt oder später noch etwas einfällt, dass unbedingt ...?

Tja, dann stirbt eben alles. Zurück auf Los.

Vielleicht haben wir Glück, und können von der geleisteten Arbeit etwas (oder sogar vieles) wieder – aber eben nich: weiter - verwenden. Aber schon allein die Untersuchung des Ob-oder-ob-nicht nimmt Zeit in Anspruch; ja, benötigt eine Zeit-Planung, also viel Zeit-aufwand - ohne das überhaupt etwas Sichtbares geschieht.

Wenn Sie etwa in die Verlegenheit kommen, einen Flughafen neu bauen zu müssen, haben Sie als Politsisch Verantwortlicher schon ein Problem; aber als ausführende privatfirma stehen Sie natürlich blendend da. Was Sie da an Kosten verrechnen könne! Wie viele Tonnen Papier Sie bedrucken dürfen - allein nur dafür, dass sie bei der Suche nach dem Schuldigen auf der richtigen Seite sind! Da zeigt sich der technische Fortschritt: Ohne moderne Rechner und Software und Farbdrucker hätte man das früher nicht planen können. /p>

Auf der anderen Seite fragt man sich, wie die Schweiz ein Projekt wie die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) überhaupt anfangen konnte? Durch etliche Volksabstimmungen bringen konnte? Und dann noch weitgehend termingerecht fertigstellen konnte? Irgend etwas ist hier anders.

Qualitätskriterium - Der Schlüssel der Vernunft

"Eine messbare Eigenschaft, die sich auf den Erfüllungsgrad einer oder mehrerer Qualitätsforderungen bezieht"

Urheber

Eine "benutzerfreundliche" Bibliothek ist nicht eine Bibliothek mit langen Ausleihfristen. Auch wenn die Öffnungszeiten auch Berufstätigen eine bequeme Ausleihe ermöglichen, ist eine Bibliotek noch nicht benutzerfreundlich. Die weiche Polsterung der Sessel in den Lesesälen macht es auch nicht und auch nicht das grosse Zeitschriftenangebot. Aber all das zusammen nähert sich Benutzerfreundlichkeit schon deutlich.

[Dörner] Seite 76f

» . . . Die Schönheit des Leibes ist auf die Haut beschränkt. Wenn die Männersehen könnten, was unter der Haut ist, wie einst bei der Luchsin in Böotien, sie würden erschauern beim Anblick der Frau. All diese Anmut besteht nur aus Schleim und Blut und Körpersäften und Gallert. Wenn
du bedenkst, was in den Nasenlöchern, im Hals und im Bauche steckt, so findest du nichts als ekligen Auswurf. Und wenn es dich ekelt, mit den Fingerspitzen den Schleim oder Kot zu berühren, wie kannst du dann jemals begehren, die Hülle um all diesen Kot zu umarmen?«
Mich überkam ein würgender Brechreiz, ich wollte kein Wort mehr von alledem hören. William, der es mitangehört hatte, kam mir zu Hilfe. Hart trat er dazwischen, packte den Arm des Alten und löste ihn von dem meinen.
»Das genügt, Ubertin!« sagte er schroff. »In Kürze wird dieses Mädchen unter der Folter liegen und dann auf dem Scheiterhaufen. Sie wird genau das sein, was du sagst: Schleim und Blut und Körpersäfte und Gallert. Doch es werden dann unseresgleichen sein, die unter ihrer Haut freigelegt haben, was Gott verhüllt und geschmückt lassen wollte mit dieser Haut. Und aus der Sicht der Grundstoffe bist du nicht besser als sie. Also laß den Jungen in Ruhe!«

Umberto Eco Im Namen der Rose Seite 209

Die Begriffe im Umfeld Qualität dienen alle, und insbesondere dient auch dieser Begriff. Aber er dient erst in zweiter Linie dazu, Qualität messbar zu machen. Obwohl das natürlich auch eine schätzenswerte Eigenschaft einer Qualitätsdefinition ist. Aber gerade unter Berücksichtigung der zeitlichen Ordnung diet dieser Begriff zunächst dazu, Leerformeln von Bedeutungstragendem zu unterscheiden: Versuchen Sie doch einmal, Xetwas Messbares für Wortmüll wie neu, modern, innovativ zu finden? (Oder auch für die Unterstützung des technologischen Fortschritts?) Da dringt man nicht einmal zu an der Frage vor, WIE das gemessen werde soll; da i man schon an der Frage, WAS den eigentlich gemessen werden soll. Der Inquisitor (lateinisch für "Untersuchungsrichter”) setzt das Untersuchen vor das Richten. Und im Gegensatz zu Menschen kann man ja leider Begriffe nicht mit Feuer und Schwert aus der Welt schaffen ...

Zurück zu Dörner - via Wilhelm Busch, aber unter Vermeidung von Kant und seinem Kategorischen Imperativ.:
Das Gute ist das Böse, was man lässt; und Praktische Qualitär besteht nun eben in dem Benennen von Nicht-Gewünschtem ("Fehler") in deren Vermeidung. Das eine nicht ohne das Andere.

Die Qualitätsmerkmale bieten einen schönen Anblick, aber um Gretchen aus Goethens Faust aufrecht in ihre Stöckelschuhe zu sellen, sind unter der Oberfläche verborgen, sinnreich konsztruierte und wohl aufeinander abgestimmte Knochen, Sehnen und Gelenke . Zur praktischen Inbetriebnahme ist dann noch Weiteres notwendig, auf das ich aber nicht eingehen möchte. (Aber so viel dann doch: Ästhetische Urteile sind hier völlig  am Platze , Signor Ubertin!) Um Hervorragendes emporzubringen, muss durch kundige Hand  unter der glatten Oberfläche des Qualitätsmerkmals die Unterfütterung durch die Kriterien erfolgen, wobei Messbarkeit eigentlich nur als Metapher für "konkret benennbar" einerseits und zu "verbesserbar" andererseits  stehtt.

Wichtig ist aber das Bewusstsein, dass die Kriterien nicht beziehungslos herumstehen, sondern ihre Wirkung nur im Zusammenwirken mit den anderen Kriterien entfalten: ihre Gesamtheit bildet eine Theorie. . Kenner des Wekes von Helmut Newton werden wissen, worauf ich hinaus will.

Im Qaualitätswesen ist es üblich, alle Kriterien in einem  (Da muss man häufig Koordinatensystem zu vereinen; und zwar derart, dass j Je weiter vom gemeinsamen Ursprung (Nullpunkt) entfernt, desto besser gilt. (Um das hnzukriegen, muss man häufig etwas tricksen. Bei der Messung des Algengehalts  m Teppich des Lesesaals etwa liegt der gewünschte Wert bei Null, und erfolglos jeder Versuch, diesen Wert noch verbessern u wollen. Oder soll gelten: Je tiefer die Temperatur, desto beser kann man den Absolutwert der Temperatur in Grad Celsius wählen. Mit ein wenig Überlegung ist die Einschränkung nicht gross.) Der Vorteil  eines sochen Systems besteht datin, dass man den Stand jedes Kriteiums markieren und diese Markierungen miteinander verbinden kann, wodurch sich ein Integral ergibt, desen Wert von dem Verhältnis  der Kriterien abhängt. Solange die  Normierung der Kriterien nicht geändert wird, bildet der Integralwert also ein Mass für "die Qualität" - wenn auch nur als dimensionslose Grösse. Aber immerhin: Verbesserungen an einzelnen Kriterien führen zu einer Erhöhung des Integralwertes; mit der Zeit wird "die Qualität" also wirklich besser.

Bei jeder Ordnung besteht  die Gefahr, dass sie von einer dienenden zu einer herrschenden Ordnung wird. Bei Qualität - und Qualitäts-Kriterien besonders - geschieht dies dadurch, dass man anfängt, die Statistik (hier die Messmethodik) manipuliert.

In einer Diskussion über den Klimawandel meinte ein Diskutant einmal, bei einer Änderung der Temperatur um ein Prozent wäre dies bei einer Durchschnitts-Temperatur von 16° ja nur ...
Ich schrieb ihm zurück, ich dächte sowieso in Fahrenheit.

Ein Unternehmen, das  grossen Wert auf Berichtswesen (auch eine schöne Metapher, für " Kontrolle" nämlich) legt, gibt seinen Armen Willies das Signal, sich eben nicht auf gute Ergebnisse zu konzentrieren, sondern auf schöne Zahlen bei der Messung der Ergebnisse. (Falls Sie das doch einmal ins Werk setzen möchten - reine Notwehr! - finden Sie bei Gerd Bosbach Lügen mit Zahlen eine prima Anleitung.) Wie etwa die DDR selig: Das Berichtswesen war gut, und die Zahlen waren auch gut, nur dass die Wirklichkeit nicht zu den Zahlen passte.

Man kann unschwer erkennen, dass mir an "der Messung" der zu einem Zeitpunkt gerade festgelegten Qualität wenig gelegen ist, da sie für sich nichts aussagt . Sie intressiert mich nur im Sinne einer über-gelagerten Qualität-Diskussion, die sich auf die Eignung der jetzigen Definition bezieht, als Ausgangspunkt ihrer Veränderung zu dienen; nämlich "der Wirklichkeit"  besser angepasst zu werden. Was wiederum mit unserem Stand der Erkenntnis zusammenhängt; also von einer zeitliche Abfolge.

Mir erzählte einmal ein Chef mit glänzenden Augen, sein Bestreben wäre es, allzeit die neueste Software zu haben. Nun lässt sich der Zeitraum vom Erscheinen eines Updates bis zum Einspielen im Betrieb wunderbar messen, ein liegt hier ein  1a messbares Kriterium vor. Es ist aber die Frage, ob drt Arme Willie seine Begeisterung teilt: der legt nämlich weniger - wenn nicht: keinen -  Wert auf neue, sondern auf gebrauchsfähige Software. Aber Gebrauchsfähig  - was soll das denn heissen? Wie soll ich das messen? fragt der CQO. Durchaus sinnvoll, gewiss. Wünschenswert durchaus. Aber eben: Sehr kompliziert, das. Bleiben wir, bis dahin, also erst einmal beim Vorhandenen, was daher ja auch das Bewährte notwendig sein muss. Es leidet ja auch nur der Arme Willie, niemand Wichtiger also. Und die Herrschaft der Administration bleibt unangefochten.

Noch einmal zurück zur Kunst und zu  Newton - mir macht es Spass,  Qualität anhand seines Werkes im Allgemeinen und an seiner Serie Big Nudes im Besonderen und Gretchen in ihrer Besonderheit zu diskutieren. Seine Werke nicht können vernünftig in ein denkbares Messsystem gepresst werden. Nach meiner Ansicht ist nämlich genau dies der Punkt, der Newton zu einem Künstler macht: Ablichter minderen Ranges folgen ja durchaus dem Olympischen Motto der Messbarkeit (Schneller - Grösser - Weiter oder doch so ähnlich) - tiefer möchte ich nun nicht gehen, auf Beispiele verzichten.

Das Stichwort 'Bibliothek' gibt mir, ganz unauffällig, die Gelegenheit, auf den von mir sehr geschäzten Schriftsteller Tom Sharpe (1928-2013) zu kommen. (Weitere Gründe, warum ich Tom Sharpe schätze, finden sich hier oder, in einem Bild, hier, ) Sein Zitat erweitert Dörners Liste doch beträchtlich; insbesondere lenkt er unsere Aufmerksamkeit darauf, dass eine benutzerfreundliche Bibliothek keine ist, die sämtliche Ressourcen für ihren Betrieb verschlingt.

In Amerika wurde eine Kartoffel-Maschine erfunden:
Sie pflanzt Kartoffeln, bewässert sie, erntet sie ab, wäscht sie, schält sie, kocht sie und isst sie auf.
Allerdings muss sie noch verbessert werden, weil sie zu gross ist.

Ephraim Kishon

Auch lernen wir, dass der Einbezug der Sanitär-Anlagen in die Betrachtung sinnvoll ist. Wem aber - ausser eben Sharpe - käme dazu ein Bild wie ... Vertrauen in die Toiletten einflössen  ... überhaupt in den Sinn? Höchstens Geog Schramm mit der Entleerung der Sprechblae.

Auch Umberto Eco hat sich für Im Namen der Rose eine Bibliothek konstruiert, und zwar eine, die den Absichten ihrer geistigen Schöpfer erfüllt; schon auch die nach Lagerung und Klimatisierung, usw. besonders aber die nach Kontrolle. Und das schon im Mittelalter, as doch angeblich so finster war - was in Ecos Bibliothek aber nicht auf die Umsetzung der Qualität zutraf. Sharpe hingegen erschuf sich ein Monster - 1979 wurde Margaret Thatcher gewählt. Aber das mag ein Zufall sein.

Bemerkenswert ist die Sorgfalt, die Sharpe auf die Entwicklung in der Zeit gelegt hat:
Eines führt zu anderem, dieses zu jenem, Seiten- und Nebeneffekte die schwere Menge; from bad to worse. Auf eine solche Reihung soll man erst einmal kommen!

Zumal man zur Würdigung seiner Leistung ja noch in Rechnung stellen muss, dass Sharpe damals ja noch gar nicht die Kenntnis der vielfachen Destaster im deutschsprachigen Raum zur Verfügung standen, wie etwa hier oder hier. So gross meine Bewunderung über das Zusammenwirken des Schweizer Stimmvolks mit frm Mechanismuas seiner Demokratie auch ist: Es erstreckt sich nicht automatisch auf jeden seiner Stimmbürger. Binswanger sei's geklagt.

Die Universitätsbibliothek von Kloone ist nicht gerade ein umwerfend schönes Gebäude. Sie steht auf einem grassbewachsenen Hügel, von dem aus die Gaskessel und die chemischen Anlagen erblickt, die den Studenten zur Inspiration dienen und und der Universität zu einem  Grossteil ihrer Einnahmen hatten verhelfen sollen. Doch sie erfüllten weder den einen noch den  andern Zweck. Die Universität lockte Unmengen unterdurchschnittlicher Kunststudenten an und erwarb sich den zweifelhaften Ruf, unmittelbar nach Oxford die meisten unfähigen Wissenschaftler im ganzen Land hervorzubringen.
Verantwortlich dafür, dass sich die Erwartungen ins gegenteil verkehrt hatten, war zu einem grossen Teil das Bibliotheksgebäude verantwortlich. Nachdem es in den späteren fünfziger Jahren ursprünglich als relativ nüchterer Bau konzipiert worden war, bekam es im Anschluss an einen rein zufälligen Besuch von Sir Harold Wilson in dDank des en hitzigen Tagen zu Beginn seiner ersten Amtsperiode ganz neue Dimensionen.  Dank des dichten Nebels und der  politischen Färbung des Polizeidirektors hatte es Wilson nach Kloone statt nach Macclesfield verschlagen. im dortigen Arbeiterclub in der kurzen Zeit seit seiner Zeit seit seiner Wahlkampagne erfolgten Veränderungen und Errungenschaften hatten ihn derart überwältigt, dass er sich zu einemleidenschaftlichen Plädoyer für die "Schaffung einer Bibliothek" hatte hinreissen lassen, "die als Denkmal und zur Unterstützung des technologischen Fortschritts , den die breite Masse des Volkes miterleben wird, wenn man dieses Beispiel für durchgreifende Verbesserung als Massstab nimmt, unter einer Labour-Regierung bereits erlebt hat."

[ ... ]

... worauf die Universitätsverwaltung von Kloone prompt die alten Pläne zerriss und einen Architektutpreis aussetzte, der der dem vom Prmierminister so beredt prophezeite technologische Fortschritt am ehesten Ausdruck verlieh. Die Bibliothek wurde diesen Anfordrtungen mehr als gerecht.
Aus Eisen. und überflüssigerweise Spannbeton errichtet, ein Labyrinth aus Metallrohren und Glasfibersäulen, die allesamt nichts trugen als eine Glaskuppel, verletzte dieses Bibliotheksgebäude aber auch jede Regel des Handbucjs für Energiesparer. Im Sommer dampfte alles in derst tropischer Hitze, dass sich das Steckenbleiben der Aufzüge zwischen den Stockwerken nur nur durch die Installation einer hoch komplizierten und wahnwitzig teuren Klimaanlage verhindern liess. Während der Wintermonate herrschten hingegen arktische Zustände, und die Temperatur sank so rapide, dass es sich häufig als unumgänglich erwies, Bücher, die während des Sommers extremer Trockenheit ausgestzt gewesen waren, mit Hilfe von Mikrowellenherden aufzutauen, um sie überhaupt öffnen zu können, Es war daher die Klimaanlage zusätzlich mit einer Zentralheizung auszustatten, die durch dieselben Rohre gelegt wurde, so das diese schliesslich doch noch Verwendung fanden. Doch selbst dann konnte es passieren, dass die kleinste Wolke bei ansonsten freundlichen Wetter Studenten, die sich eben noch gesonnt hatten, mit Frostbeulen bedrohte.
Im Herbst und im Frühling war es also notwendig, Heizung un Klimaanlage gleichzeitig oder in extrem kurzen Intervallen lsufen zu lassen, um eine halbwegs erträgliche Temperatur zu erzielen. Während einer dieser abrupten Umschaltungen von "heiss" auf "Kalt" geschah es, dass ein riesiges Segment der Glaskuppel, die den Spannungen, die es unterworfen war, nicht so gut ertrug wie die Bibliotheksbenuter, sich und den stellvertretenden Direktor der fünfundsiebzig Meter weiter unten in der Freiluft-Toiletten onanierte,, in ihre Bestandteiele auflöste. Seit jenem schrecklichen Tag heissen diese Toiletten nur noch Todeszellen und werden von den zartbesaiteteren Studenten - sehr zum LLeidwesen der überlebenden Bibliothekare - die sonst an höheren Bildungsstätten durch aus üblichen Hygiene gemieden.
Angesichts eines Ultimatums seitens des Bibliothekspersonals  versuchte die Universitätsleitung mit Macht, den Kot aus den Bereichen Altenglisch und Mittelslowenisch wieder an für die Entsorgung geeigneter Orte zurück zu verfrachten, indem sie unterhalb der gigantischen Glaskuppel ein engmaschiges Drahtnetz spannen lies, in der Hoffnung, damit den Studenten Vertrauen in die Toiletten einzuflössen. Diese Massnahme hatte nur zum Teil Erfolg. Zwar bewahrte sie eine Vielzahl wertvoller Bücher vor Zweckentfremdung, doch hatte sie den Nachteil, dass sie die Luftzirkulation stark einschränkte und die Reinigung der Glasflächen zu einer Sisyphusarbeit werden liess. Es dauerte nicht lange, bis die gewaltige Glaskonstruktion ein fleckiges Dunkelgrün angenommen hatte, was immerhin dazu führte, dass sie Bibliothek von aussen einen dezent botanischen Anstrich bekam. Innen konnte von "dezent" keine Rede mehr sein, denn aufgrund des einzigartigen Klimas wucherten dort exotische Bakterien, Flechten und unterste Genüsearten. Grünes Licht sickerte auf die Regale herab und mit ihm sin zarter Schleier von Algen, die sich, nachdem sie sich unter dem Dach verdichtet hatten, hatznäckig im Teppich des Lesesaals und zwischen den Buchdeckeln einnisteten.  Die Folge war, dass ein paar Regale im vierzehnten Stock explodierten und mehrere unrtsetzliche Papyrosrollen, Leihgaben der Universität von Port Said in der Handschriftenabteilung so gründlich kompostiert , beziehungsweise eine derart störrische Synthese  mit dem Grünzeug eingingen, dass sie jeglichem Entzifferungsversuch ud selbst einer teilweisen Restaurierung widerstanden.
Demgemäss erwiesen die Kosten für den Betrieb der Bibliothek schlichtweg als Kathastrophe für den Universitätshaushalt. Wissenschaft und Technologie lagen darnieder; in den Laboratorien fehlte es an der erforderlichen Ausstattung, und die Physiker, Chemiker und Ingenieure wanderten zu grosszügiger ausgestatteten Einrichtungen ab.

Tom Sharpe Feine Familie (1980) Seite 11ff

Denn im Grunde seines Herzens war Henry ein fröhlicher Mensch.

Tom Sharpe tbf

Man beginnt zu begreifen, worauf Modiglianani hinauswollte.

Tom Sharpe Puppenmord Seite 210

Dieser Abschnitt ist recht lang geworden. Für mich ist das anders nicht möglich, denn für mich liegt hier der Schlüssel zum Entnebeln.

"Das eben ist der Fluch der bösen Tat,
dass sie, fortzeugend, immer Böses muss gebären." -

Friedrich Schiller, Wallenstein, Die Piccolomini

So manches heisses Geblubber hat die Böse Tat bewirkt. Aber nicht das unqualifizierte Gequatsche ist die Böse Tat,  sondern das unhinterfragte Akzeptieren. Eine Bibliothek ist kein beseeltes Wesen, dem man Absichten oder Motive unterstellen kann; eher schon ein Mechanismus, der sich in der Zeit nur in Verbindung mit seiner Leitung entwickelt - in dieser Synthese dann aber absolut folgerichtig. Vorhersagbar, was unter der Leitung von Direktoren passiert, die sich während der Arbeitszeit - ähh  - wenig sinnstiftenden Tärigkeiten hingeben. 

Qualitätssicherung: "Qualität produzieren, nicht kontrollieren

Alle diejenigen geplanten und systematischen Tätigkeiten, die notwendig sind, ein hinreichendes Vertrauen zu schaffen dass ein Produkt die festgelegten Qualitätsforderung erfüllen wird

Um ihre Ziele zu erreichen, sollte eine Organisation sicherstellen, dass die technischen, organisatorischen und menschlichen Faktoren beherrscht werden, welche die Qualität ihrer Produkte beeinflussen,
sei es Hardware, Software verfahrenstechnische Produkte oder Dienstleistungen
Alle diese Lenkungsmassnahmen sollten auf das Vermindern, Eliminieren und, was am wichtigsten ist, das Verhüten von Fehlern abzielen.

Der wesentliche Grund, die erste Definition vorzustellen, liegt in den Worten  hinreichendes Vertrauen. Die Qualitätssicherung sichert nichts, schon gar nicht "die Qualität". (Sondern, bestenfalls, die Qualität, deren Merkmale festgelegt worden sind.

An der zweiten Definition gefällt mir, dass dort Tätigkeitsfelder beschrieben werden.

Für den Armen Willie besteht der geistige Nährwert beider Definitionen in der Erkenntnis, dass es bei der Qualitätssicherung nicht auf hektische Betriebsamkeit ankommt, sondern auf das Nachdenken. und das zunächst probeweise, dann schrittweise bessere "Theorie der Zusammenhänge".

 

Vielleicht gibt es heute die eine oder andere Grossbank, die sich heute wünscht, sie hätte damals, beim Einsatz von externen Beratern, mehr darauf geachtet, dass bei denen das menschliche Umfeld stimmt. Besonders bei solchen, die CDs brennen uns Reisen un das nahe europäische Ausland unternehmen können.

Nichts ist dem guten Umgang förderlicher als ein Fläschchen Waffenöl auf jedem Schreibtisch

Ein Angestellter

Neue Fehler beabsichtige ich nicht zu gebrauchen

... das Deutsche Institut für Normung definiert Fehler nun als einen "Merkmalswert, der die vorgegebenen Forderungen nicht erfüllt" und als "Nichterfüllung einer Anforderung"; dabei wird die Anforderung definiert als "Erfordernis oder Erwartung, das oder die festgelegt, üblicherweise vorausgesetzt oder verpflichtend ist

wikipedia

Was ist nun so falsch an dieser Definition, dass ich sie nicht verwenden will? Nun, eigentlich kann eine Definition per se nicht falsch sein. Aber sie kann dem beabsichtigten Gebrauch dienen - oder nicht. Und diese Defintion dient meinem beabsichtigten Gebrauch nicht. Für mich besteht der Vorzug der alten Definition, ihre Unbestimmtheit; also in dem, was die DamenHerren des Deutschen Institut für Normung so genervt hat, dass sie die Definition so geändert haben.

Natürlich freue ich mich, wenn man einen Fehler meine Art so beschreiben kann, dass ein Fehler dieser Art ist. Denn das heist, dass wir Drei Viertel des Weges zu seiner Behebung bereits zurückgelegt haben. Und gerade bei einigermassen bekannten technischen Systemen mag dieser Weg viel Arbeit erfordern, aber es ist Baumwollpflücker-Arbeit.

Das eigentliche Problem, um das es mir geht, ist aber der Anfang des Weges, von dem Moment an, in dem es nichts gibt ausser dem unbestimmten Bauchgefühl Irgendwas läuft da doch irgendwie falsch?

In der Fotografie gibt es keine Qualität - absolut und relativ

Meiner Ansicht nach ist es ungerecht, eine Fotografie ohne Kenntnis des Zusammenhangs mit den Absichten ihres Herstellers zu beurteilen. Mit anderen Worten: Nur wenn wir wissen, was ein Fotograf erstrebte, was er mit seiner Arbeit auszudrücken versuchte, was er mitzuteilen wünschte, können wir mit Rücksicht auf die wesentlichen Punkte des Bildes gültige Schlüsse ziehen: War er imstande, seine Absichten zu verwirklichen? Hat er mit Erfolg ausgedrückt, was er fühlte? Hat er sein Motiv richtig erfasst und überzeugend zum Ausdruck gebracht?Die Wichtigkeit dieser Art von Einstellung wurde mir vor einigen Jahren deutlich, als ich in einer Ausstellung ein Landschaftsfoto von Cape Cod sah, das alle konventionellen Regeln der Fotografie zu verletzen schien: Es war sehr grau und sehr körnig, der Horizont teilte das Bild in zwei gleiche Hälften, und es zeigte tatsächlich nichts anderes als weit ausgedehnte Dünen, die spärlich mit Strandhafer bewachsen waren, und einen gleichmässig bedeckten Himmel. Die Wirkung dieses Bildes war unglaublich trüb und einförmig. Und dann, als ich ihm gerade den Rücken zukehren wollte, wobei ich mich noch wunderte, wie irgend jemand überhaupt ein derart langweiliges Bild ausstellen kann, ergriff es mich: das war ja genau das, was der Fotograf im Sinne hatte, er wollte Trübheit und Eintönigkeit ausdrücken, die niederdrückende Einsamkeit dieser weiten Sandflächen an einem regnerischen Märztag, das Gefühl von Nässe und der feuchten Kälte unter einem harten Nordostwind, diese Stimmung von Trostlosigkeit und Eintönigkeit, wenn alles grau in grau ist, von Schleier ziehenden Nebeln überdeckt, und er hatte das grossartig ausgedrückt. Plötzlich fühlte ich mich so, als ob ich dort wäre, ich fühlte die Kälte, die Einsamkeit, ich glaubte schon, ich könnte den verlorenen Schrei einer Seemöwe hören, die sich mit flatternden Flügeln gegen die steife Brise behauptet... Ich glaube nicht, dass ich dieses "unglaublich trübe" Bild je vergessen werde.

Andreas Feininger, Feiningers grosse Fotolehre, 1979, S.444

Vor vielen Jahren, als ich noch jung war und das Internet auch, trieb mich die Frage um, warum ich eigentlich so viel Zeit, Geld und Mühe ich darauf verwendete? Wo man doch Anderes und Sinnvolles machen könnte, in der Zeit, mit dem Geld? Nun, man weiss ja, was mit Leuten passiert, die nach dem Warum fragen.

Bevor sie mich erwischen konnten, habe ich im Internet gestöbert und stiess auf eine Seite, dessen Betreuer und Verfasser offensichtlich die selbe Frage umtrieb, der jedoch im Gegensatz zu meiner fruchtlosen Grübelei bereits tätig geworden war. In dem er sich mit den technischen Aspekten auf einen speziellen Bereich konzentriert hatte – wie etwa Kameras, Objektive, Stative und deren zweckdienliche Benutzung. Das war ein Erfolg versprechender Ansatz – schliesslich hatte auch Einstein erst die Spezielle, dann die Allgemeine Relativitäts-Theorie vorgestellt. Erst die Technik, dann die Kunst – ja, so könnte es gehen. Und so war es dann auch.

Denn natürlich gibt es "Qualität" im Bereich der Fotografie – im Allgemeinen wie im Speziellen der Technischen Ausstattung. Aber eben Nicht eine, sondern beliebig viele. Die Qualität einer Fotoausrüctung bemisst sich daran, inwieweit sie geeignet ist, unserm beabsichtigtem Gebrauch zu dienen.

Wer sich in finsteren Kaschemmen herumdrückt, um Available Light Fotografie (dt. verfügbares Licht, vorhandenes Licht) zu betreiben, braucht lichtstarke Objektive auf einer unauffälligen Kamera; wer im Studio fotografiert – wo Licht und Beleuchtung unbegrenzt zur Verfügung steht, hat sein Geld dafür verschwendet.

Wer nicht viel Geld für sein Hobby ausgibt, setzt sich leicht dem Verdacht aus, es nicht ernst zu nehmen.

Andreas Hurni

Es gibt Menschen, deren Ausrüstung hauptsächlich dazu dient, sich dieses Verdachts zu erwehren: Alles Leica. Sehr gut, sehr edel – und sehr teuer. Nun ja, warum nicht. Es geht mich nichts an, es ist ja nicht mein Geld. Man hat mir erzählt, dass es Änliches auch bei Hobbyköchen gibt; insbesondere, was Messer angeht. Japanisch keramisch, nicht wahr?

Auch eine Photographie, ein Abzug in grossem Format, mit grossem Passepartout und edel gerahmt, hat keine Qualität an sich. Ihr Wert bemisst sich nicht an den Herstellungskosten. Sondern daran, ob sich der Fotograf zum Zeitpunkt der Aufnahme alle dem beabsichtigten Resultat Einflüsse  dienlich gemacht hat.

 

Ich versuche einmal einen anderen Ansatz:
Ein Kennzeichen meiner Fotos ist das Ali-Schwänzchen. Geboren wurde dieser Begriff am 30.09.2003, und zwar hier: Ich versuche, in meinen Fotos eine Un-Regelmässigkeit einzubauen, etwas Nicht-Glattes, einen Widerhaken, einen " Kinken ": Eine Leine muss jederzeit einsetzbar sein; ein Bild aber nicht.

BTW: Unangebrachte Heiterkeitaäusserungen zu dem Begriff bitte ich zu unterlassen.

Es tut mir ja Leid, aber wo wir hier sowieso gerade norddeitsch-seemännisch werden, kann ich ja vielleicht noch Was dem einen sin Uhl, ist dem andern sin Nachtigall nachschieben:
Was für mich ein Qualitätsmerkmal ist, ist für nasere ein Fehler, der brutal beseitigt werden muss. Das ist jetzt durchaus nicht "nur eine Geschmacksfrage", sondern eine Frage an "die Qualität" oder besser noch "den beabsichtigten Gebrauch" eines jeden ... ähh ... Dinges - Produkt, Dienstleistung - was auch immer.

"Die Dislzierung unserer Streitkräfte muss unter der Prämisse einer nachhaltigen Restrukturierung betrachtet werden, wobei eine Übergabedividende unter Berücksichtigung einer Reinvestirung in noch nicht befriedete Regionen betrachtet werden muss."


Wenn Sie diesen Satz verstehen, hat er seinen Zweck verfehlt.

Georg Schramm Herrschaftssprache – Bin ich zu blöd für

  Georg Schramm hat Unrecht - der Satz hat seinen Zweck schon dann verfehlt, wenn er NICHT den Eindruck "Hab ich keine Ahnung von. Wissen nur die Experten. Bin ich zu blöd für." hervoruft. Wenn Sie meinen, Sie sollten ihn verstehen, Sie müssten ihn verstehen. Wenn Sie nicht in Ehrfurcht erstarren. 

 

Wer - wie ich - zwischen der herschenden und der dienenden Ordnung unterscheidet, muss sich darüber im Klaren sein, dass die herrschende Ordnung ganz natürlich auch dient, den den Herrschenden dient - ihren Bedürfnissen, ihren Zielen.

Albert und Stanley Oder Vom relativen Objekt zum ausgezeichneten Subjekt

Die Schwierigkeit bei den angeführten Metapher besteht darin, dass beide überdehnt werden. Einstein wollte sagen, dass es keine fixe, absolute Raum-Zeit-Struktur gibt, in der die physikalischen Ereignisse ihrer Bestimmung folgen. Damit muss jede Beschreibung eines physikalischen Ereignisses (und in diesem Sinne die Beschreibung von allem) gegenüber einer angebbaren Raum-Zeit-Strukturen relativ sein. Wer von da aus den Sprung macht zu "Alles ist relativ" der hat den Slogan übertrieben.

Weizenbaum Seite 210

Ein ganz wesentlicher Aspekt bei der Qualität ist der Einbezug der Zeit in die Betrachtung. In der klassischen Fotografie geht es darum, einen Moment der Zeit festzuhalten; das ist ihre Beschränkung, aber damit zugleich auch ihre Herausforderung. Im normalen Leben aber sieht die Sache anders aus. Es reicht nicht aus, die Anordnung im Raum nach Höhe Breite Tiefe klug abzubilden

Bevor es nun richtig ernst wird, möchte ich noch eine kleine Illustration einschieben. Und zwar möchte ich meine Betrachtung der "Blaue-Donau-Sequenz" aus Stanley Kubricks 2001: a space odyssey unter dem Aspekt betrachten.

Das in dieser Sequenz geschilderte physikalischen Ereignis ist das Anlegen eines Space-Shuttles an der Orbital-Station. Die Gesamtdauer des geschilderte physikalischen Ereignis beträgt 04:17 min.

In der zeitlichen Abfolge werden verschiedene, in sich abgeschlossene Systeme gezeigt; zunächst einzeln und für sich, dann in Beziehung miteinander gesetzt. Durch die Kamera für uns als Betrachter zusammengefasst.

Die Erde, der Mond. Die Sonne - unser Zentralgestirn, wie es poetisch heisst.
Die Tranfer-Station, die ich der Einfachheit halber als Tannhäuser Tor bezeichnen werde.
Raumschiffe, darunter ein Space Shutle auf dem Weg zu Tannäuser Tor.
Das Shuttle von aussen, die Cockpit-Ansicht von innen. (Links vermutlich Captain Roy Batty )

Der schnelle Wechsel der Perspektive, der Bezugsrahmen, in dem sich die jeweilige Ereignis ab-spielt – seiner Bestimmung folgt, innerhalb der zeitlichen und musikalischen Ab-Folge folgt - gegenüber einer Angabe der Raum-Zeit-Struktur der .Einstellung

Ist also Alles relativ – und somit trivial und bedeutungslos?
Die Antwort darauf ist ein donnerndes NEIN! Mit Ausrufezeichen.
Es gibt eine Analogie zu Ockhams Rasiermesser (auch Prinzip der Parsimonie, lex parsimoniae oder Sparsamkeitsprinzip).

Und dieses Prinzip ist Der beabsichtigte Gebrauch.

Für Captain Roy Batty gibt es in der gesamten Sequenz einen unbedingt ausgezeichneten Gesichtspunkt, nämlich seine Sicht.

Der wesentliche Trick, den die Vernebler und Verdunkler anwenden, besteht darin, dem Armen Willie einen Bezugsrahmen vorzugaukeln, der nicht dem beabsichtigte Gebrauch des Armen Willie dient, sondern dem des Verkäufers (Projektleiter, oder Politiker) ist. Dessen Bezugsrahme, der seinen Interessen dient, wird als alternativlos, also zum Absolutum erklärt. Und hier ist der springende Punkt: Der Arme Willie muss deren Bezugsrahmen hinterfragen und in Beziehung zu seinem eigenen setzen.

Es tut einem Vorgesetzten immer wohl, willige Trottel um sich zu wissen.

Hans Hellmut Kirst

Wenn man am Tisch sitzt und nicht ganz genau weiss, wer der Trottel ist, dann ist die Chance ganz gut, dass man es selber ist

Pokerweisheit

Das gibt dem Armen Willie ein Rasiermesser in die Hand ... oder nein, gibt ihm eine Frage an die Hand: Sind seine Ziele (insbesondere: in derZeit) auch meine Ziele? Besteht das Ziel des (internen) Projektleiters in erster Linie darin, den Abnahmetest fristgerecht zu bestehen, oder spielt es auch eine Rolle, ob das Zeug nachher betrieben werden kann? Besteht das Ziel des (externen) Projektleiters in erster Linie darin, für seine Firma Geld zu verdienen? Ja? Ohh – das könnte eine Erklärung dafür sein, dass Hass und Zank in unsere Firma getragen werden. Wir streiten uns, und sie lehnen sich behaglich zurück, verfassen Protokolle und schreiben Rechnungen. Wird das erstellte Konstrukt den nächsten Patch des Betriebs-Ssystems, den Update des Datenbannk-Systemss, die neue Version der email überstehen – oder ins elektronische Nirwana verschwinden?

Einschub:

... um zu verhindern, dass die Touristen ausserhalb des Hotels übers Ohr gehauem werden. Mit der Betonung auf ausserhalb.

Manfred Schmidt Mit Frau Meier in die Wüste

Eine der prägenden Erfahrungen meines jungen Informatiker-Lebens war es, als ein Kollege und ich die Helpline eines grossen Software-Herstellers anriefen und die junge Dame mit einer genauen Fehlerbeschreibung überraschten. Die Antwort? "Ja, ich sehe, da haben Sie wirklich ein Problem" Die Stimme war warm und samtig, aber die Betonung des Sie war unüberhörbar

Besteht das Ziel des Politikers darin, das Problem "nachhaltig" zu lösen, oder will er nur über die nächste Wahl kommen?

Was nützt mir ein prima billiger Paketzusteller, der nur dann kommt, wenn zuverlässig niemand zu Hause ist? So dass ich 20 km hin und 20 km zürück fahren muss, um das Paket abzuholen – und dabei mehr Sprit verfahre, als das ganze Paket wert ist? Da lobe ich mir doch die verschnarchte Post, die zu Fuss erreichbar ist.

Theorie und Ordnung der anderen

Eine Hypothese ( [ ... ] "Unterstellung") ist eine Aussage, deren Gültigkeit man für möglich hält, die aber nicht bewiesen oder verifiziert ist. Für Hypothesen ist es üblich, dass die Bedingungen angegeben werden, unter denen sie gültig sein sollen.

In positivistischen wissenschaftstheoretischen Strömungen ist die Hypothese eine Vorstufe einer Theorie, zu der sie durch verifizierende Beobachtungen werden kann. Anders als im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet "Theorie” in der Wissenschaft also im Unterschied zur Hypothese eine Aussage oder eine voneinander abhängige Gruppe von Aussagen, die durch empirische Erfahrungen bestätigt wurden (z. B. Relativitätstheorie, Gravitationstheorie, Evolutionstheorie). Eine Behauptung oder ein Leitsatz, der durch wissenschaftliche Beweisführung bewiesen oder widerlegt werden soll, heißt These (z.B. "Wirtschaften an sich ist frei von moralischem Gehalt").

Kritisch-rationale Ansätze vertreten allerdings die Auffassung, Theorie, Spekulation und Hypothese seien gleichwertig, da theoretische Annahmen grundsätzlich nicht verifiziert werden könnten (Prinzip der Falsifizierbarkeit).

These bei wikipedia

Infolge dessen ist jede empirische Wissenschaft eine kunstvolle Struktur, die auf Pfeilern ruht, die nicht etwa in Fakten verankert sind, wie gemeinhin vermutet wird, sondern im Treibsand fehlbarer menschlicher Urteile, Vermutungen und Intuitionen.

Weizenbaum Seite 30

But I'm just a soul whose intentions are good;
oh Lord, please don't let me be misunderstood.

Nina Simone

Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird.
Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.

Friedrich Nietzsche - Jenseits von Gut und Böse

Seine Prämisse sei, dass Karla durch seine Anweisungen an Haydon die Informationslücken der Moskauer Zentrale aufgezeigt habe: dass Karla, indem er Haydon die Unterdrückung bestimmter, dem Circus zugedachter Geheimdienstinformationen befohlen, ihn angewiesen habe, dieses Material herunnterzuspielen oder zu entstellen, zu bagatellisieren oder glatt zu leugnen, verraten hatte, welche Geheimnisse er nicht  entdeckt wissen wollte.
"Wir können demnach zur Rückpeilung schreiten, nicht wahr, darling?", murmelte die umfangreiche Vonnie Sachs, die dank ihrer schnellen Auffassungsgabe dem übrigen Feld wie immer weit voraus war.
"Stimmt, Con. Genau das können wir tun.", sagte Smiley ernst. "Wir können rückpeilen."

John Le Carre Eine Art Held Seite 61

Die Verfertigung einer Theorie hat mit der Vorbereitung einer Fotografie gemein, dass das, was "drin" ist, meist weniger wichtig ist als das, was von der Betrachtung ausgeschlossen wird - you must draw a line somewhere. Das wäre nun nicht weiter erstaunlich, Menschenwerk ist notwendig immer Stückwerk, und man berichtet, dass ein Physiker bei der Verfertigung einer Großen Vereinheitlichten Theorie von der Gravitation doch immer wieder zu Boden gezwungen wird. Erstaunlich ist aber, wie gern die Auswirkungen dessen unbedacht bleiben.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland als Theorie betrachtet

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Arrikel 1 bbei wikipedia

Ein Individuum wird überall enthumanisiert, wo es nicht als ganze Person behandelt wird.

Weizenbaum Seite 347

Er war unschuldig, daran war überhaupt nicht zu deuteln. In einer Wlt, in der alles sonst fragwürdig, unsicher oder dem Zwifel ausgeliefert war, stand seine Unschuld fest. Zum ersten Mal, wusste Wilt, dass er absolut im Recht war, und das verlieh ihm eine Kraft, die er an sich nie vermutet hätte. 

Tom Sharpe Puppenmord Seite 192

Zwei Monate nach dem Abschluss des letzten Verhörs stand Eichmann vor seinen Richtern in Jerusalem. Der Staat Israel bezahlte seine Verteidigung. Sein Prozess war von exemplarischer Fairness. Keinem seiner Opfer war dergleichen zuteil geworden.

Avner W.Less

Jochen von Lang Das Eichmann-Protokoll Seite 276

Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit des anders Denkenden. Nicht wegen des Fanatismus der 'Gerechtigkeit', sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die 'Freiheit' zum Privilegium wird.

Rosa Luxemburg bei wikipedia

In diesem Abschnitt- und in Tannhaeuser Gate insgesamt - wird das Grundgesetz als eine Theorie betrachtet: als eine Menge von Begriffen - etwa den verschiedenen Grundrechten - und den Beziehungen dieser Begriffe untereinander. Und zwar als ein Muster, es ist

Gibt es irgendwo eine Theorie , die in den Treibsand fehlbarer menschlicher Urteile, Vermutungen und Intuitionen einen festes Gerüst  errichtet hat? Ich bin immer wieder begeistert von der schlichten Wucht dieser beiden Sätze, die dort Klarheit schaffem wo Nebel verbreitet wird. Wenn jemand eine sittliche Grundlage sucht: Im ersten Satz findet er sie. Und ich bekenne mich als begeisterter Anhänger des Grundgesetzes - Anhänger des Neoliberalismus mögen mir verzeihen und sich damit trösten, dass es von uns ja nur wenige gibt.

Nach einigem Überlegen hae ich nun doch das berühmte Zitat Rosa Luexemburgs doch schon jetzt aufgenommen, obwohl obwohl das Thema im Dritten Teil sehr ausführlich behandelt werden wird. Es sich um eine hübsche Denksport-Aufgabe. Denn auch an dernFreheiten und den Grundrechten ist weniger wichtig, welche mir "zustehen", als vielmehr die, die ich anderen einräumen muss. Nicht meine Freiheiten, sondern deren Freiheiten sind von Bedeutung. Oder anders: Bevor ich mir Sorge um meine Würde mache, sollte ich mir vielleicht erst einmal überlegen, wo ich die Würde anderer antaste. Wenn Artikel 1(1) mehr als als sittliche den als juristisch  Grundlage betrachte, steht mir keineswegs das Recht zu, mich über andere zu erheben  - etwa durch allerlei Einschränkungen des schönen, schlichten Begriffs  "Mensch" unseres Grundgesetzes durch Einbezug seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse.

Ausnahmsweise habe ich hier also das deutsche Produkt dem heimischen Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vorgezogen. Meine Schweizer Freunde mögen sich damit trösten, dass eiGrundlage betrachtet, ne sittliche Grundlage nur der suchen muss, der keine hat.

Nomenklatur einer Theorie

Wir müssen uns auf eine gemeinsame Sprechweise einigen.
Das heisst, Sie nehmen meine an.

Ein Professor

Die dürre, konventionelle Begrifflichkeit der Meterologen wird durch eine höchst eigenwillige Sprache gesprengt, die mit kühnen Bildern arbeitet, ja sogar mit neuen Wortschöpfungen, und das zu beschreiben sucht, was selbst aus der ständigen Veränderung heraus  seine Form hervorbringt, was unendlich vielfältig, im steten Wandel begriffen, sich dennoch immer wieder ähnlich wird; die Wolken.
Gottschalk hat offenbar den Versuch unternommen, ein Beschreibungssystem zu entwickeln, das jene Bewegung und Vielfalt in sich aufnimmt, ohne wiederum zu einer Nomenklatur zu ertsarren.

Ein Beispiel:

12.1.07
Morgens bei Sonnenaufgang im Südosten ein wolliger Teppich blassrosa Färbung, die Ränder ausgefranst und lichtgrau. Vormittgas blauschnigiert sich der Teppich langsam gegen Süden. Nachmittags Wollrollkroogen stahlblau gepunzt. Abends gegen 17.20 Uhr: Verweisung der Driftwolken nach Norden. Flaumig federich.

Uwe Timm Morenga Seite 371

Der Arme Willie muss sich einfach klarmachen, dass er zum Verständnis eines Sachgebiets eine "Theorie" braucht:  Eine Terminologie, eine Begriffswelt, eine Namensgebung. Als Basis für das Verständnis für die Zusammenhänge zum Anderen. Und zu diesem Zweck macht er sich am Vernünftigsten die Erfahrungen der Vergangenheit zu Nutze. Ausbildung besteht normalerseise in der Vermittlung dessen. Es mag ja sein, dass es Verbesserungspotential gibt, aber zeitsparender als die Neu-Erfindung des Rades ist es allemal, Herr Gottschalk! Schon aus gesundleitlichen Gründen: Es ist nicht gut für den Blutdruck des freundlichen Bootsmansn, wenn es zu Schwierigkeiten bei der Wartung des Grossoberbramsegels kommt. Die Verwendung überlieferter Begriffe hat nicht nur den Vorzug, von den Älteren verstanden zu ertfrn, sonderrn auch den, dasss sie im Laufe der Zeit einen evulutionären Prozess durchlaufen haben - gänzlich unbrauchbar können sie nicht sein.

Es soll uns diese aber nucht am Sempere Aude hindern, sprich am Hinterfragen der Eignung - da hat Herr Gottschalk nun wieder Recht. Ein wesentlicher Trick der Irreführung besteht darin, sich eines Begriffes zu bemächtigen ("gottgegeben")und dann daraus allerlei herzuleiten. ("Theorien" der Deutschen Volkswirtschaft funktionieren häufig so - aber dazu später.) Das "Macht" in "bemächtigen" ist das Stichwort: Herrschaft beginnt mit der Herrschaft über die Begriffe und daher zuerst hinterfragt werden.

Das IPU-Prinzip: Theorie

"Unsichtbare, rosafarbene Einhörner sind Wesen mit großer spiritueller Macht. Wir wissen dies, da sie fähig sind, gleichzeitig rosafarben und unsichtbar zu sein. Wie alle Religionen basiert der Glaube an das Unsichtbare rosafarbene Einhorn auf Glauben und Logik: Wir glauben, dass es rosafarben ist, aber logisch betrachtet wissen wir, dass es unsichtbar ist, da wir es nicht sehen können."

– Steve Eley

Das unsichtbare rosafarbene Einhorn (engl. invisible pink unicorn, Abk. IPU) i bei wikipedia

Versuchen wir jetzt, Hitler historisch-politisches Weltbild, die Theorie des "Hitlerismus", kurz darzustellen.

Sebastian Haffner Anmerkungen zu Hitler Seite 99
 Online als PDF

Wir kritisieren im Moment noch nicht, (so schwer es fällt, diesen mörderischen Unsinn unkritisiert wiederzugeben), wir stellen dar.

Sebastian Haffner Anmerkungen zu Hitler Seite 106

nn

Das Schwarze Rauschen: Theorie ohne Empirie ist nur Ideologie

Tapferkeit ohne Gerechtigkeit ist ein Hebel des Bösen

Ambrosius von Mailand (339-397)

Wenn die Tatsachen nicht mit der Theorie übereinstimmen –
umso schlimmer für die Tatsachen.

Georg Friedrich Wilhelm Hegel

Der Schlieffenplan war ein typisches Produkt militärischen Jugendstils, kopflastig und dünnstengelig.
...
Er war ein Plan, der um eines ungewissen Erfolges willen ein sicheres Übel in Kauf nahm.

[Haffner] Seite 56

Als uns unser Physiklehrer die Relativitätstheorie vorstellte, benutzte er die Gegenheit zu einem Exkurs. Die eigentliche Leistung Einsteins sei gar nicht so sehr fir Formulierung der These Relativität" zu geben - die hätte damals gewissermassen in der Luft gelegen; auch andere hätten sich darum bemüht. Nicht die These als ... eine voneinander abhängige Gruppe von Aussagen ... sondern als  ... eine voneinander abhängige Gruppe von Aussagen, die durch empirische Erfahrungen bestät igt wurde. Seine Bemühung darum, mit den Mitteln des Jahres 1905 Bestätigung oder Widerlegung zu finden - diese Redlichkeit sei seine eigentliche Leistung gewesen. Diese Schulstunde hat mir viel für mein Leben gebracht. Inbesondere, als ich einige Jahre später Volkswirtschaft - im Nebenfach! bitte: nur im Nebenfach!  - studierte und sah, wie dort mit der Realität umgegangen wurde.

Ein mich besonders abstossendes Beispiel findet sich hier

Peter O. Oberender (* 14. Juni 1941 in Nürnberg) ist ein deutscher Volkswirt mit dem Forschungsschwerpunkt Gesundheitsökonomie.
[ ... ][ ... ]
Peter Oberender vertritt streng marktwirtschaftliche Positionen in der Gesundheitspolitik.
[ ... ]

Mit seinen Positionen steht Oberender in der Kritik von Gewerkschaften und Sozialverbänden. Auch die Zustimmung von Peter Oberender [ ... ] wird bis hin zu Faschismusvorwürfen aus der linken Szene kritisiert, insbesondere wegen seiner Äußerungen mit Blick auf Bezieher von Hartz IV-Leistungen: "Wenn jemand existenziell bedroht ist, sollte er die Möglichkeit haben, sich und seine Familie durch den Verkauf von Organen zu finanzieren."

Peter O. Oberender bei wikipedia

Ich weiss nun nicht, ob man sich der linken Szene  zurechnen lassen muss - das wäre  doch .... also irgendwie ehrenrührig? - , oder ob es ausreicht, schhlicht ein Anhänger des Grundgesetzes zu sein, um derartiges als ekelerregend und als Äusserung, per Radio an die Welt,  eines auf das Grundgesetz vereidigter Beamten als bedenklich zu empfinden. (Zumal ich in der Formulierung geisse stilistische Gemeinsamkeiten mit einem Schriftstück zu erkennen glaube, dass sich  bei wikipedia hier findet.) Zumal ich glaubte, dass es die Aufgabe eines sozialen Rechtsstaates sein, eine solche existentielle Bedrohung zu verhindern?

Meine damaligen Zweifel am Gebrauchswert der Volkswirtschaftslehre wird nicht kleiner, wenn ich die  Definition bei wikipedia als massgeblich ansehDann stellt sich für mich nicht nur die Frage, ob sich um eine Wissenschaft im Sinne der Natur-Wissenschaft handelt, sondern Zweifel an der Redlichkeit der Absichten. Wenn es schon in den Grunlagen heisst Welches Handeln bringt den größtmöglichen Nutzen für den Einzelnen? , dann sollte es nicht erstaunen, wenn das Prinzip der Selbstbezüglichkeit angewendet wird.

Der Zorn ist dem Schaf wohl dienstbar zur Hilfe geeilt ...

Damit habe ich nicht gesagt, - und will damit auch nicht gesagt haben -, dass jeder deutsche Ökonom Anhänger dieser Art der Ökonomie sein müssen. Durchaus nicht: Das zeigt die Dame und die Herren von flassbeck-economics beispielhaft.

Das Dachdecker-Prinzip oder Der zeitliche Aspekt in einer Theorie

Es war ein rein psychologisches Hindernis in der Brust der Verantwortlichen, der ihnen nicht zur Ehre gereicht: eine innere Unfähigkeit, sich die Lage einzugestehen und das Scheitern der eigenen Pläne vor sich zuzugeben. Wie leichter, einfach weiterzumachen, als ob nichts geschehen wäre! Noch war ja sozusagen nichts geschehen. Man wird an die Geschichte vom Dachdecker erinnert, der vom Dach eines Wolkenkratzers herunterfällt und seinen Kollegen auf halber Höhe zuruft: "Bis jetzt geht es mir noch ausgezeichnet!"

[Haffner] Seite 104

nn

Das Laternen-Prinzip oder Der Ausschluss des Wesentlichen

Ein Polizist stösst mitten in der Nacht auf einen Betrunkenen. Dieser rutscht auf allen Vieren unter einer Laterne und sucht offensichtlich irgend etwas. Er erklärt dem Wachtmeister, er habe seine Schlüssel verloren, "irgendwo da drüben"; dabei zeigt er auf eine Stelle, die ausserhalb des Lichtkreises der Laterne liegt. Natürlich fragt ihn der Polizist, warum der den Schlüssel unter der Laterne sucht und nicht da, wo er ihn verloren habe, und bekommt zur Antwort: "Weil man unter der Laterne besser sieht!"

Weizenbaum Seite 174

nn

Das "Wir/Super"-Prinzip oder Anbiederung an anonyme Massen 

Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.

Hanns Joachim ‚Hajo‘ Friedrichs (1927-1995) bei wikipedia

Spruchblasen-Ablass Marke Deutschland geht es gut! Europa geht es gut! (nur echt mit Ausrufezeichen!)

Die schlimmste denkbare Super-Gruppeist "Wir" oder "uns":
Wie kann sich ein Journalist mehr gemein machen als dadurch, dass er sich einer Gruppe zurechnet?

Und mich gleich mit? Ungefragt?Zu den bürgerlichen Umgangsformen gehört e, dass man wenigstens fragt!

NZZ

Theorie und Hauswirtschaft

Das klingt alles sehr hochgestochen, kann aber sehr einfach sein. Nach dem Zeugnis der Reife, , Militärdienst, Studienabschluss und Eintritt in das Berufsleben - also: wohlgereift und mit allen Insignien der Kompetenz ausgestattet - , kam ich das erste Mal in meinem Leben in die Verlegenheit, meine Wäsche selbst waschen zu müssen. (Ja, das waren noch Zeiten - für Jungs ... ) Zu diesem Zwecke suchte ich einen Kollegen auf, der über diese akademische Grundausstatung hinaus hinaus auch noch wohlbestallter Familienvater war. . Gemeinsam machten wir uns theoretisch mit der Waschmaschinen-Anteltung vertraut und beluden die Maschine. Nach einigen Bier und gehaltvollen Gesprächen über die wichtigen Dinge des Lebens hatte diese ihr Werk auch verrichtet. Zu unser beider masslosen Verblüffung war die Wäsche bereits vollständig im Bettbezug verpackt.  Während unseres Studiums hatten wir beide , als Beispiel eines Endlicher Automaten , auch eine Waschmaschine konstruiert und fühlten uns daher mit der Materie durchaus vertraut - aber eben ... mehr so theoretisch. Nur Dank der Hilfe der kopfschüttelnd hinzutretenden Hausfrau - gänzlich ohne Studium - kamen wir zu einer Erweiterung der Theorie, die deren Gebrauchswert doch entscheidend erhöhte.  Seither habe ich  auch ie Kofkissenbezüge zugeknöpft. Insofern hae ich für mein Leben gelernt. 

 

"No problems, Solutions!" oder: Der sichere Weg in den Untergang

Programmsysteme können selbstverständlich ohne Plan und ohne jedes Wissen und Verständnis der dabei weit verzweigten Probleme erstellt werden, genau so, wie man auf diese Weise auch Häuser, Städte Staudämme und nationale Volkswirtschaften zurechthacken kann. Wenn ein derart zustande gekommenes System jedoch zu wachsen beginnt, wird es auch zunehmend instabil. Wenn eine seiner Subfunktionen unvorhergesehenerweise ausfällt, ausfällt, kann der sichtbare Schaden vielleicht behoben werden. Aber da es keine allgemeine Theorie des Gesamtsystems gibt, kann das System nur ein mehr oder weniger chaotisches System von Subsystemen sein, deren gegenseitiger Einfluss auf das Verhalten nur Stück für Stück und experimentell herausgefunden werden kann.

Weizenbaum Seite 164

Ich sah meine Aufgabe vornehmlich darin, Probleme, die durch jahrelange Routine überdeckt waren, aufzuspüren und zu definieren; ihre Lösung überlies ich den Fachleuten.

Albert Speer Erinnerungen Seite 224

Dilberts Lösung

In der Liste der mich in nullkommanichts auf 180 bringenden Worte steht der Spruch "No problems, Solutions!" iemlich weit oben; fast schon auf dem selben Level wie der absolute Spitzenreiter Da nehmen Sie ganz einfach ... . Der darin zum Ausdruck kommende testosterongeschwängerte blinde Aktionismus steht sich ja auch kaum nach. Genau das Richtige für Dumme Fleissige.  Wer wissen will, wie ursprünglich eimal surchaus wohlgeplante Dysteme ( ... Häuser, Städte Staudämme und nationale Volkswirtschaften ... ) in den beklagenswerten Zustand honeingeraten kann, dann findet er in dem Wirken derartiger Geisteshaltung unschwer seine Antwort.

Da lobe ich mir doch Hitlers Produktionsminister Albert Speer.
Speer war ein Kriegsverbrecher, ein moralisch haltloser Mensch, als Architekt nur Mittelmass – aber ein Organisationstalent seltenen Grades war er eben auch. Und man tut gut daran, einmal die Füsse auf den Tisch zu legen und darüber nachzudenken, ob es nicht diese schlichte Sicht- und Herangehensweise gewesen ist, die den Krieg so lange verlängert hat.

 

Übrigens: Ganz ohne hype Planungs-Tool mit mehrfarbiger Oberfläche. Wenn man mich heute fragt: Nicht trotz des Fehlens, sondern gerade deswegen. Nicht die Planung an sich, ohl aber Planungs-Tools sind klassisch herrschende Ordnung; es kommt nicht darauf an, etwas wegzuschaffen, sondern darauf, das Nicht-Weggeschaffte übersichtlich zu verwalten. Ein subtiler Unterschied. 

Vielleicht wird schon jetzt deutlich, wo ich den Unterschied mache: Natürlich will ich "das Problem" vom Tisch haben. Aber bevor ich in hektisch zuckende Aktivität verfalle, will ich mir sicher sein, dass ich das Problem genau verstanden habe - und bei der angedachten Lösung die Konsequenzen. Zu jedem Problem gibt es nicht eine, sondern viele Lösungen. Und wenn ich irgend eine davon aussusche, ist die Chanche zielmlich gross, dass ich mit dieser Lösung mindestens ein, wahrscheinlich aber viele neue Probleme schaffen.

Zumindest will ich - gerade als Chef - wissen, auf welcher Art Fehler das Problem eigetlich beruht. Ganz normale Schlamperei, also ein Fehler neue Art  das macht nicht viel, das ist schnell behoben. BaumwollpflückerArbeit.

Oh - das ist ein exogener Faktor!

Ein Berater

DA haben wir ein wirklich schweres Problem. Denn es ist eben nicht der Faktor " exogen", sondern unsere Betrachtungsweise, unsere "Theorie" macht ihn dazu.
Auf deutsch heisst das nämlich: Das haben wir nicht bedacht.
Und zu den Folgen heisst es dann Das haben wir nicht gewollt!
Beides ist für die Opfer ungemein tröstlich.

Es ist schlecht für das hinreichende Vertrauen, das ich mit dem Begriff Qualitäts-Sicherung eingeführt habe.
Wenn wir dieses schon nicht bedacht haben, was sonst alles haben wir nicht bedacht?
Wenn dieses heir diese Konsequenzen hat, wo anders zeitigt es Folgen - und welche?

Schistosomiasis – auch als Bilharziose bezeichnet – ist eine Wurmkrankheit, die in warmen Binnengewässern durch Schnecken als Zwischenwirt verbreitet wird.

 [...]

Durch Staudammbauten (z.B. Assuan-Staudamm in Ägypten) und Bewässerungsprojekte nimmt das Erkrankungsrisiko zu.

wikipedia

Ja wenn das so ist - wie sieht es dann mit Malaria aus?

Auch bei der grössten Sorgfalt gibt es Seiteneffekte - Un-Beabsichtigtes, Un-Berücksichtigtes, Un-Bedachtes. Da sollte man wenigstens das vermeiden, das man schon kennt - und in seiner Theorie berücksichtigt hat.

 

Tagebucheintrag Gottschalks vom 16.8.05
Sanftheit und Gelassenheit können, wie das Kamel beweist, auch über die spiessigste Abwehr siegen. Mit den weichen Lippen vermag das Kamel Zweige mit fingerlangen Dornen abzubrechen und sich so geschickt ins Maul zu schieben, dass es von dem leben kann, was für sich so beschaffen ist, nicht gefressen zu werden
(Nachts)
Beim nochmaligen Lesen fällt die einseitige Betrachtungsweise auf. Es gibt doch nichts freundlicheres und Selbstgenögsameres als einen Dornenbusch, der im Sand wächst und dessen Dornen ihn allein gegen das Gefressenwerden schützen Sollen. In der Regenzeit blüht er gelb.

Uwe Timm Morenga Seite 313

Probleme und ihre Zerlegung – Von Irgendwie und Eigentlich

Hier soll von Problemen in der Arbeitswelt die Rede sein, also nicht von zwischenmenschlichen Problemen mit dem Chef oder der Schwiegermutter. Sondern von Problemen in der Arbeitswelt.

Diese Art Problem ist dadurch gekennzeichnet, dass zu Anfang nicht einmal eine auch nur einigermassen umfangreiche Negativ-Liste ("Was wollen wir künftig nicht (mehr)?)" zur Verfügung steht; insbesondere keine volllständige.

Mehr so Irgendwie, und oder Eigentlich:

Irgendwie läuft dieses nicht und jenes nicht, und dies klappt nicht und das hat noch nie so funktioniert.

Ich hatte bisher noch kein Buch zur Projekt-Führung oder -Abwicklung in Händen, dass nicht betont hätte, wie wichtig eine gute Problem-Analyse für den Projekt-Erfolg ist. Konzeptionell denken, nicht technisch! Goldene Worte allenthalben. Funktioniert aber nicht. In der Praxis geht immer irgend etwas schief.

Unnütz also? Reine Theorie? Nicht ganz.

Zunächst müssen wir Arme Willies uns darüber klar werden, was ein Projekt eigentlich (meint hier: im Wesentlichen) leisten muss, damit es für uns und unseresgleichen nützlich und sinnvoll ist. Ein Projekt hat nämlich nur am Rande zu tun.

Ein Projekt ... und dient dazu, einen geänderten Arbeitsablauf zu implementieren. Der neue Arbeitsablauf sollte das positive des bisherigen behalten und das Negative empfundene wenigstens in Teilen verbessern. Worte wie neu und modern sollte man in diesem Zusammenhang tunlichst weglassen – Aussahme ist die Management-Summary; da kann man von dergleichen dedeutungslosen Wortgeklingel gar nicht genug über die Suppe schütten, das verdeckt den dünnen Inhalt.

Zwei Dinge also:

Bevor ich etwas Neues einführen kann, muss ich erst einmal das Vorhandene schätzen können. Es ist Unsinn, eine Menge von Unzulänglichkeiten durch eine andere zu ersetzen.

Die Phase Einführung – oder wie auch immer in Ihrem bevorzugten Handbuch bezeichnet – besteht eben nicht aus dem FAT, oder nicht einmal wesentlich: Das der Müll tut, was er soll, ist ja wohl selbstverständlich.

Man erzählt dem Armen Willie gern – besonders vom Lieferanten oder seinen Helfeshelfern – dass dann ja alles gut sei, wenn mit einem Minimal-Bestand an sorgfältig ausgewählten und aufgebrezelten Test-Daten keine Fehler zeigt, sondern sie sorgfältig verbirgt, sei der Zeitpunkt gekommen, die Rechnung zu bezahlen und die Boni auszuschütten? ("Zufällig habe ich gerade einen dokumentenechten Kugelschreiber zur Hand")

Der Arme Willie hüte sich!

Die Frage ist nicht, ob es für den initialen Datenbestand – oder gar einer Untermenge davon – funktioniert, sondern ob es unter Vollast funktioniert.

Die Frage, die der Arme Willie beantwortet haben möchte:

Funktioniert der Arbeitsablauf mit dem/den neuen Systemen? Werden alle Beteiligten rechtzeitig verständigt? ¨Wissen alle (ALLE!) Benutzer über ihre neuen/geänderten Aufgaben Bescheid? Auer gesagt: bestätigen Wilhelms und Wilhelmines das mit eigenhändiger Unterschrift, oder steht da nur was in irgendwelchen Listen (Verantwortlich: Abteilung X. Betreut: Durch System Y. ?)

Der vorhandene Datenbestand ist vollständig und korrekt? Schön! Sind denn alle Vorkommen getroffen, dass dieser schöne Zustand erhalten bleibt?

Das Problem mit dem Problem besteht darin, dass in der Welt des Armen Willie, dass ein Problem dadurch beschrieben wird, dass eine Lösung für es angegeben wird. Das hat in der Praxis immer die Wirkung, dass die erste, mehr oder weniger zufällig am Wegesrand gefundene Lösung umgesetzt wird, ohne das Problem "Gefunden" sage ich, und eben nicht "gewählt": den eine Wahl setzt ja verschiedene Möglichkeiten voraus, die beurteilt werden müssrn, was eine Qualitäts-Definition voraussetzt.

Die Frage der Perspektive

"Es gibt für jedes Problem eine Lösung"

Dieser Satz hat viel Unglück angerichtet. Ich glaube schon, dass er wahr ist. Aber eben unvollständig. Keine Lüge, somderm, schlimmer noch, eine Täuschung Es gibt nämlich nicht eine Lösung, sondern beliebig viele. Praktisch beliebig viele.

"Ja, aber ich habe gedacht ... "
"Gedacht? Gedacht?! Nichts haben Sie gedacht! Denn wenn Sie gedacht hätten, dann hätten Sie es gesagt, und wenn Sie es gesagt hätten, hätten wir dieses Problem jetzt nicht!"

Mitgehört in einer Krisensitzung

Brainstorming – Bequatscht, Vollgesülzt, zugelabert,

Das Brainstorming: Positiv, wenn es um das Negative geht

Lerne zu klagen, ohne zu leiden

Ein Brainstorming ist prima geeignet, um in einer Gruppe zu sammeln, was NICHT funktioniert. Da führt eines zum Anderen – gewiss auch: vom Hölzchen zum Stöckchen, aber das macht nichts.

Vorbereitung Iteration der Anforderungen durch Positiv-Formulierung

Frage auch: Was geht denn gut, was sollte beibehalten werden. Da gibts weniger Wortmeldungen; der Mensch kann sich kaum vorstellen, d ass seine Situation auch positive Seiten hat. Immerhin ist es denkbar – und vielleicht ist es auch eher etwas für die Treppe. Mal drüber nachdenken: Ich hatte mal mit einem System zu tun, da war das so-und-so – da ist es hier schon geschockter geregelt.

Das Brainstorming: Negativ , wenn es um das Positive geht

Brainstorming ist dann ein ungeeignetes Mittel, wenn es implizit darum geht, "Übereinstimmung herstellen". "Implizit" deshalb, weil offiziell natürlich immer verkündet werden wird, man sei "ergebnisoffen" und "alles" solle auf den Tisch kommen. Und wie immer, wenn die Stimme voll uns sonor wird, der Blick treudeutsch fest, sollte der Arme Willie misstrauisch werden. Ich selbst habe schon an Breinstormings teilgenommen, in dem die Vertriebsbeauftragten ("Wir wollen doch nur, gänzlich unverbindlich, Ihre Bedürfnisse kennelernen") mit der Vorstellung einer Agenda begannen, die auf die Viertelstünde genau war.

Im Gegenteil: Das Ziel eines Brainstorming muss sein, die Unterschiede aufzudecken. Man muss ein Dilemma erkennen, um es erst zu beschreiben und um es dann, auf einer höheren Ebene,a uflösen zu können. So etwas passiert aber nicht während der Sitzung, sonder ("Treppenwitz") erst beim Hinausgehen, auf der Treppe, oder beim Nach-hause-fahren, beim Spaziergang – oder nachdem man die Sache überschlafen hat.

Jedoch ist diese Erkenntnis- und Beschreibungsarbeit eine Schwangerschafts-Arbeit, die nur einer für sich erledigen kann – und die dazu ihre Zeit und ihre Ruhe verlangt.

"Genie ist ein Prozent Inspiration und neunundneunzig Prozent Transpiration."

Thomas Alva Edison, Harpers Monthly, 1932 via wikiquote

" ... Ich nehme an, das kommt von der wörtlichen Auslegung des lächerlichen Sprichwortes, dass Genie aus zehn Prozent Inspiration und neunzig Prozent Transpiration besteht. Die Burschen glauben anscheinend, man muss ein Genie sein, wenn man drei Jahre einen Heisshunger auf unverdauliche und belanglose Details an den Tag legt. Meiner Meinung nach ist Genie per definitionem die Fähigkeit, den Prozess des Transpirierenns zu überspringen, aber wie ich schon sagte, auf mich hört ja keiner. Soll heissen: Es muss wohl Millionen Menschen geben, die diese wie immer geartete Plackerei auf sich nehem, ohne auch nur einen Funken Intelligenz aufzuweisen, von Genie ganz zu schweigen. Auf der enderen Seite hatten wir einen tumben Burschen wie Einstein, der nicht einmal zählen konnte ... es deprimiert mich wirklich, aber es ist eben Mode."

[ ... ]
" ... Da sind wir bei der grotesken Annahme angelangt, dass man nur genügend Kieselsteine kaufen muss, und schon wirs sich einer davon in einen Diamanten verwandeln. Ist natürlich völliger Blödsinn. Was zählt, ist die Qalität, nicht die Quantität; aber ich erwarte ja gar nicht, dass Sie mit meinen altmodischen Ansichten konform gehen. ...  "

Tom Sharpe Schwanenschmaus in Porterhouse , Seite 187f

"Kann ich das denn schon mal festhalten?"

Der Erfolg hat viele Väter – der Misserfolg ist ein Waisenkind

Das sollte zu denken geben:

Wenn sich am Ende herausstellt, dass etwas Vernünftiges abgeliefert wurde - etwas, das die Erwartungen des Armen Willie erfüllt, in dem, dank eines tragfähigen Konzepts, die unvermeidlich auftrtenden Zusatzwünsche schnell und ohne viel Geschrei eingebracht werden -

Ob es am Ende Zustimmung gibt, hängt eben nicht von irgend etwas Vorherigem ab, sondern vom Ergbis. Letztlich kommt es bei einer Zusammenkunft Armer Willies, unter welcher Überschrift auch immer, nur darauf an, dass die Bedürfnisse, alle Gesichtspunkte, benannt werden können. Nach meiner Erfahrung entstehen die wirkich witer führenden Erkenntnisse nie während der Sitzung. Bestenfalls kann es sein, dass dort einen Samenkorn gelegt wird, aus dem sich – günstige Bedingungen vorausgesetzt, etwa entwickeln kann. (Das Schweigen der Lämmer?) Nach meiner Erfahrung zündet eine solche Idee erst dann, wenn der Kopf frei ist. Ganz sicher nicht, wenn man am Computer sitzt. Auf jeden Fall: Allein. Dann, danach, durch Verbesserung. Durch Kritik. Etwas funktioniert, und man weiss nicht, warum.

Es geht nicht einfach darum, Sachen "zum Laufen" zu bringen. Da gibt es viele verschiedene Möglichkeiten; geeignete, weniger geeignete und gänzlich ungeeignete, "funktionieren" tun sie alle.

Wir nehmen das System XYZ in Betrieb, und es funktioniert ganz wunderbar. Gerade in dem Dunkel, in dem wir tappen, kommen die 256 Farben besonders prächtig zur Geltung. Bis wir dann, nachher, feststellen, dass die Versorgung aus dem System ABC nicht funktioniert – die Versorgung hat keine Farbe, da sehe ich schwarz.

... hätte er nicht die Bekanntschaft eines alten, halb  verdrehten Uhrmachers gemacht, der den Rest seiner Lebenstage und sein bisschen Hab und Gut daran setzte, der undankbaren Menschheit das Perpetuum Mobile zu erfinden. Dieser greise Wohltäter der Menschheit weihte Axel nun in die Geheimnisse seiner Kunst einund zeigte ihm, wie ein Rad dem anderen angepasst werden muss, und an dies Rad eine Rolle, und daran eine Schraube, und daran eine Kurbel und daran wiederum ein Rad - und danach alle wiederum von vorn. Er zeigte ihm Maschinen, die nicht gingen, und wieder einige, die die gingen und einige, die nicht gingen, wie sie sollten. Er zeigte ihm Maschinen, deren Funktionieren Axel begriff, und einige, deren Funktionieren sich für Axel nicht begreifen liess, und wieder andere, deren Funktionieren der Uhrmacher nicht einmal selbst begriff.

Fritz Reuter Das Leben auf dem Lande Seite 155f

Das Beispiel oder die Metapher eines Problems

Beispiel logischen Unsinns: * ... das beweisen viele Beispiele"

Wenn ich sage, dass ein Beispiel eine Metapher des Problem ist, so meine ich damit, dass der Sinn eines Beispiels darin besteht, zum Problem hin zu führen. (Sonst habe ich es mit Führung ja nicht so, aber in diesem Falle ...)

Um konkreter zu werden, ist es sinnvoll, die Frage Was ist eine Bespiel? umzuformen; Wem dient ein Beispiel, und wozu dient es ihn? Nun, ein Beispiel dient dem Armen Willie dazu, ein oder einige Aspekte eines Problems zu verdeutlichen, - deuten wie darauf hinweisen, aber auch wie zart andeuten. Oder ein Licht aufstecken, um jemanden zu erleuchten. Oder das noch nicht angesteckte Licht aufstecken, das Beispiel dramhalten, auf dass es ihm licht werde ... die Kerze aufstecken, und dann mit Beispielen Feuer schlagen, auf dass es glimme ...

Aber das Beispiel ist nicht das Problem. Auch eine Fülle von Beispielen eines Problems ist nicht das Problem.So kann eine Stadt nicht sinnvoll durch Anhäufung von Hausbeschreibungen charakterisiert werden. (Um mal den abgeholzten Wald und seine Bäume zu vermeiden) Das Beispiel geleitet zu einem erhöhten Standpunkt, von dem aus das Problem in seinen unterscgiedlichen Aspekten betrachtet werden kann.

Einschub Die Zeichenreihe "z.B." wird in diesem Sinne dann falsch verwendet, wenn damit Unkenntnis bemäntelt werden soll, wenn sie steht für ein "tbd – to be defined" muss noch genauer untersucht werden.

... sowieso-Werte, z.B. Rot, grün, Donnerstag, Karfreitag ...

Dieses Beispiel soll zur Einsicht hinführen, dass man sich offensichtlich überhaupt nicht darüber klar war, um welche Art Werte es eigentlich gehen soll; dies Umstand aber gern verbergen möchte. Und Farben wie z.B. Rot Grün blau ist wenig illustrativ, da führt ein Beispiel vielleicht in den Kohlenkeller, aber sicher nicht an die frische Luft.

Der Wahrheitsfindung ist ein Prozess, in dem das Beispiel die Rolle der Laterne spielt, unter der der Betrunkene sein Goldstücke sucht - man hat sie nicht; man sucht sie noch. Und wenn man sie hat, muss man sie begreifen, hoffentlich mit sauberen Händen. Und muss die Wahrheit erst noch abwaschen, von Verkrustungen befreien. Um im Bilde zu bleiben: Wir halten die Laterne, während unser Kumpel sich müht.

Das Gegen-Beispiel

Der Wert, die Qualität, des Beispiels besteht darin, den Partner zum Problem hinzuführen. Dem Prozess der Wahrheitsfindung ist ein auch Gegenbeispiel häufig dienlich. Ich spreche hier als analoger Schwarz-Weiss-Fotograf, dem ein Negativ lieber ist als ein Positiv. Um es vom mathematischen Gegenbepiel abzugrenzen, bevorzuge ich eine Konstruktion Nicht-so-sonsern-so: Nicht brutal draufknallen, sondern nur zart andeuten." Oder "Hamburg ist eine Stadt der Backsteinbauten. Glaspaläste wie in Dubai oder Shanghai gehören hier nicht her." Dieses Beispiel habe ich gewählt, um zu zeigen, dass man nicht zustimmen muss, damit das Beispiel seinen Zweck erfüllt; nämlich dem, das Problem zu erleuchten - Eine Antwort Gehören Sie doch, weil ... bringt Sonne in die Backsteine.

Für sich allein genommen, also ohne den Kontext positiver Beispiel - Marke So-soll-es-sein - sind Negative Beispiele - Marke So-soll-es-NICHT-sein – problematisch Sie sind weder ein Gegen-Beispiel noch sind die der Wahrheitsfindung dienlich.

Ein schönes Beispiel ist das Merkblatt zur Gestaltung von Passfotos. http://www.schweizerpass.admin.ch/content/dam/data/passkampagne/definitivefotomustertafel220906.pdf (Fotografie gehört ja zu meinen Interessengebieten, und für alles Schweizerische habe in ein Faible. Zumal für Schweizer Pässe – ich hätte nämlich gern selbst einen.)

Positive Formulerung
"Schliesslich können wir die Leute nicht verhungern lassen."
"Können wir nicht?"

Was zu einem weiteren Problem führt: Das Problem des Adressaten.

Die Verweigerung der Erkenntnis

Ich hoffe, das hier kein Anhänger von Schopenhauer und seines Buches Die Kunst, Recht zu behalten mitliest; ich könnte dem Recht-Behalten-Woller einen neuen Kniff zeigen. Und das geht so: (1.) Jedes angebotene Beispiel wird gekontert mit einem Satz, der beginnt mit "Kein Problem! Da nehmen Sie ganz einfach ... " Schopenhauer Kunstgriff 08 Den Gegner zum Zorn reizen Schopenhauer Kunstgriff 36 Den Gegner durch sinnlosen Wortschwall verdutzen, verblüffen Und dann (2.) Irgend eine "Lösung" anfügen. "Wir müssen uns über die vom Benutzer setzbaren Grössen klarwerden – zum Beispiel die seine Farbgebung." "Kein Problem! Da nehmen Sie ganz einfach die irgend eines der eines bisherigen Systeme" Vaiante: "So müssen uns über die die seine Farbgebungfür Farbenblinde Gedanken machen" "Kein Problem! Da nehmen Sie ganz einfach an, dass wir nur gesunde Mitarbeiter beschäftigen" Dann ist der Arme Willie nämlich aufgeschmissen. So in der Nachschau vermag ich zu erklären, warum diese Konstruktion zeit meines Berufslebens dazu geeignet war, meinen Blutdruck auf 180 zu treiben – und zwar binnen Sekunden. Es ist nicht nur die Rechthaberei und nicht nur Verweigerungshaltung – nicht mir, sondern dem Problem gegenüber, sondern viel mehr die Unverschämtheit, mit der irgend ein daher gelaufener Trottel ohnen auch nur einen Versuch zu machen, das Problem, geschweige denn seine Seiteneffekte, zu verstehen, mir meine Arbeit zu erklären versucht. Wieviel sympatischer ist folgender Dialog – Änderungen markiert Irgend eine "Lösung" anfügen. "Wir müssen uns über die vom Benutzer setzbaren Grössen klarwerden – zum Beispiel die seine Farbgebung." "Kein Problem! Da nehmen ich ganz einfach die des bisherigen Systems XYZ. Aber: Was machen wir mit Farbenblinden? Wie kriegen wir das raus ... für die Erst-Versorgung ... und einen Reset ... "

Was ich mir gewünscht hätte, wäre z.B. eine Assoziationskette wie die folgende gewesen Flchdach - Regenrinne - Abwaser – Menschen - auch Abwasser – Abwasser des Hauses - der Strasse - Abwasserkanal - Kläranlage der Stadt oder Haus – Büros - Menschen - Autos - Parkplatz - Rush-hour - ÖPVN So etwas. Vom Speziellen auf das Allgemeine, das Verbindende kommen - darum geht's.Tatsächlich begegnete mr aber die konstante Verweigerung, die Realität in all ihren Facetten und Zusammenhängen überhaupz ergründen zu wollen.

Nachtrag: Die Metapher - und ihre Synonyme

Zugegeben, ich bin wohl nicht sehr begabt im Erfinden von Allegorien

William von Baskerville in Umberto Eco Im Namen der Rose
 (Hier Online als PDF)

Man kann die Pferde zur Tränke tragen – aber saufen müssen sie selber

Volksweisheit

Vom Man kann zum Wer wird oder Fähigkeit; Bildung und AusBildu

Begräbnisrede:
" .. Er war zu allem fähig ... ähh ... ich meine, seine Fähigkeiten waren grosse .... "

Hans Hellmut Kirst

»Bravo, Adson«, lächelte William. »Nur schade, daß deine Schlußfolgerung nicht gültig ist, denn aut semel aut herum medium generaliter esto, und in deinem Syllogismus erscheint der Mittelbegriff nie allgemeingültig. Ein Zeichen dafür, daß wir die Praemissa maior nicht richtig gewählt haben. Ich hätte nicht sagen dürfen: Jeder, der eine bestimmte Substanz berührt, hat schwarze Finger, denn es kann ja auch
Menschen mit schwarzen Fingern geben, die diese Substanz nicht berührt haben. Ich hätte sagen müssen: Jeder, der schwarze Finger hat, und sonst niemand, hat mit Sicherheit eine gegebene Substanz berührt. Also Venantius und Berengar und so weiter . . . Womit wir einen Darii hätten, einen exzellenten Dritten Syllogismus der Ersten Figur.«
»Dann hätten wir also die Antwort!« rief ich befriedigt aus.
»Leider nicht, lieber Adson, du hast ein viel zu großes Vertrauen in die Syllogistik! Wir haben nur wieder die Frage. Will sagen, wir haben die Hypothese aufgestellt, daß Venantius und Berengar ein und dieselbe Substanz berührt haben müssen, und das ist zweifellos eine vernünftige Hypothese. Aber mit unserer Annahme, daß es eine Substanz gibt, die als einzige unter allen Substanzen dieses spezielle Ergebnis bewirkt (was noch zu verifizieren bleibt), wissen wir immer noch nicht, welche Substanz das ist und wo und warum die beiden sie berührt haben. Und aufgepaßt: wir wissen nicht einmal, ob sie den Tod der beiden verursacht hat. Stell dir vor, ein Verrückter hätte sich in den Kopf gesetzt, alle Menschen zu töten, die mit Goldpulver in Berührung gekommen sind. Würdest du dann wohl sagen, Goldpulver sei ein tödliches Gift?«
Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Ich hatte bisher immer angenommen, die Logik sei eine universale Waffe, und jetzt mußte ich plötzlich erkennen, daß ihre Kraft und Gültigkeit davon abhängt, wie man sie einsetzt und gebraucht. Andererseits hatte mich das Zusammensein mit meinem Meister gelehrt (und sollte mich in den nächsten Tagen noch immer besser lehren), daß die Logik zu mancherlei Dingen nützlich sein kann, sofern man sie nur im rechten Moment beiseite lässt

Umberto Eco Im Namen der Rose Seite 160
Online hier

In Ecos Welt von 1327sehen wir den Novizen in der Ausbildung, sich redlich bemühend, jede Menge abfragbaren Wissens in sich aufnehmen; Wissen auszubilden wie ein Bauch sich ausbildet. . (Eco war Professoer in Bologna(!); also wen das nicht zwanglos zum Begriff "Bildungsbulimie" führt ... )

Aber jemand, der einen Darii nicht einmal erkennen würde, wenn er zur Tür hineinkäme, sollte weder spotten über die, die sich versuchen einzureihen in die Kette gebildeter Menschen ("Armer Adson") noch über die, die das Wissen aus griechischer Zeit eben zum Zweck der Weitergabe mit farbigen Namen versehen und  als Theorie figurenmässig  zusammengestellt haben. (Zumal sich dadurch als Illustration zur Ersten Figur das Titelfoto von Helmut Newtons Sumo doch geradezu anbietet.)

Aber wie Adson ja schnerzlich erkennen muss, ist wäre auch eine abgeschlossene (selbst eineBologna-mässig testierte) AusBildUng noch keine Bildung: Die besteht eher im Erkennen des richtigen Moments (wie der Fotograf Henri Cartier-Bresson sagen würde), die Logik beiseite zu lassen. 

" ... am Kriege kein Geld verdienen ... "

Es scheint indessen dennoch interessant – und Fans wie Hasser haben sich auch ausgiebig damit beschäftigt -, wieviel Krupp nun wirklich am Krieg 1914/18 verdient hat. Der grosse Krupp-Bewunderer Dr.Dr.h.c. Gustav mit dem Eisernen Kreuz, hat zu dem Problem lange geschwiegen, es erst im Januar 1934 angeschnitten und dann zur allgemeinen Verblüffung erklärt: "Es blieb oberster Grundsatz vom ersten Tage des Krieges, dass die Inhaber des Unternehmens am Kriege kein Geld verdienen wollten." "Taffy" erntete damals für diese auf den ersten Blick etwas kühne, bei näheren Hinsehen aber sehr vieldeutige Behauptung, wie das Protokoll vermerkt, "lang anhaltenden Beifall", wohl auch einzelne Bravo-Rufe, und der junge Direktions-Assistent, der für das Direktorium die Rede entworfen hatte, die – nach einigen geringfügigen Korrekturen – vom Chef verlesen worden war, fühlte sich gewiss sehr geschmeichelt. Es war ja auch wirklich eine sehr hübsche Formulierung ... Abgesehen davon, dass es keine "Inhaber" gegeben hatte, sondern nur die Fast-Allein-Aktionärin Bertha, und wenn man ferner unberücksichtigt lässt, dass bei aller deutlichen Erinnerung an gute Absicht, die das Wort wollten zum Ausdruck brachte, später dann doch erzielte Gewinne unerwähnt blieben, besagt die Formulierung ja keineswegs, dass überhaupt kein Geld verdient werden sollte, sondern nur nicht am Kriege, also nicht (oder nicht viel) mehr als im Frieden – etwa in dem Sinne, dass man in Essen, als plötzlich die lang erwartete, noch nie zuvor dagewesene Nachfrage nach Kanonen, Granaten, Panzerplatten, Stacheldraht und U-Booten einsetzte, nun nicht etwa sogleich beschloss, die Preise zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen, was ja auch möglich gewesen wäre. Vielmehr war man überein gekommen, sich patriotisch weiter mit dem zu bescheiden, was man seit eh und je auf die Kosten aufgeschlagen hatte- nur mit ganz geringfügiger Korrektur nach oden, weil man zwar am Kriege kein Geld verdienen wollte, dies auch zum obersten Grundsatz vom ersten Tage an erhob, die Direktion aber darauf bestand, wenigstens eine kleine zusätzliche Reserve für alle Fälle zu bilden, am besten im neutralen Ausland ...

Bernt Engelmann Krupp München1970 Seite 267

Soweit ich mich erinnern kann, ist der obige Text die erste Text-Exegese, mir der ich in Berührung kam. Auch ich verdanke diesem Direktions-Assistenten viel; hat er doch gezeigt, wie schön man mit Negativ-Behauptungen wie ... kein Geld verdienen ... Bravo-Rufe hervorlocken kann.

Kritik - neudeutsch nur als Kritikfähigkeit vorkommend - war in meiner Schule kein Thema; nichts, meine Fähigkeiten auszubilden. Diese Art Bildung wurde an meiner Schule überhaupt gar nicht gern gesehen. Schon allein, weil man da schlecht Zensuren verteilen konnte.

Wir leisten hervorragende Arbeit! Unsere Aufgabe ist es, angepasste Duckmäuser heranzuziehen, und dabei leisten wir Hervorragendes!

Ein Schuldirektor

Aber das ist gewiss heute ganz anders ...

Das Fragen - und das Hinter-Fragen

Wer hat was wann wo, wie und warum getan?

Die sieben "W-Fragen" der Bundeswehr

Zu meiner persönlichen Fortentwicklung trug dann eine Institution bei, von der man es nicht unbedingt umstandslos annehmen würde.

Wenn das Wort von der Bundeswehr als der Schule der Nation ausnahmsweise einmal zutrifft, sollte man das auch würdigen.

Am Mut fehlt es dem Armen Willie vielleicht nicht. Wohl aber an einem Ansatzpunkt – neudeutsch denglisch: an einem User Interface zu seinem Verstand. Wie ihn bedienen?

Wendet man diese Fragen auf irgend eine herrschende Ordnung (vor-gegeben, vor-gesetzt) anwendet, etwa die Strassenverkehrs-Ordnung, so wird man häufig achselzuckend feststellen Ach, so macht "man", das – nun ja, warum nicht - und es dabei belassen. Aber: Bei der Wirtschafts- oder der Finanz-Ordnung (oder auch: dem Finanz-System) sieht die Sache anders aus. Aber schon ganz anders!

Leitende Hammel oder "Geweint wird, wenn der Kopf ab ist"

Kurt Meyer (1910-1961 ), alias „Panzermeyer“, war [ ... ] seit 1944 als SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS.
[ ... ]
Nach der Schlacht um Caen entkam er mit etwa 5000 von ursprünglich 22.000 Mann. [
 ... ]
In dem Buch Geweint wird, wenn der Kopf ab ist setzte sich sein Sohn Kurt 1998 kritisch mit der Lebensgeschichte seines Vaters auseinander und zeichnete das Bild eines in seiner „glorreichen Vergangenheit“ v erhafteten Menschen. So wurde nach seiner Darstellung nach der Rückkehr des Meyer senior aus dem Gefängnis ein Hitlerbild im Wohnzimmer neben einem Bild Friedrichs II. aufgehängt.

Kurt Meyer bei wikipedia

"Du verwechselst Führer mit An-Führer!"

Hans Hellmut Kirst tbf

Drei Formen von Aurorität:

Die Formen kommen oft gemischt vor.

Urheber mir unbekannt

... Was sagen Sie nun?
Sie langweilen mich.
Aber ich kann länger als Sie.
Es gibt wichtigeres im Leben.
Was denn?
Ehrlichkeit, Toleranz...
Ja.
Mut, Anstand...
Ja. Ja.
Hilfsbereitschaft...
Tüchtigkeit, Zähigkeit...
Ja.
Sauberkeit...
Aber ich kann länger als Sie.
Es kommt auf den Charakter an.
Aber ich kann länger als Sie.
...

Loriot Die Ente bleibt draussen bei youtube

Leithammel führen Hammel. Bleiben aber selbst auch Hammel.

Es ist bedenkenswert, dass Führungs-Sminare, -Wörkschopps, -Lehrgänge und was dergleichen Begriffe mehr sind branschenübergreifend und auch sonst völlig unspezifiziert abgehalten werden können, ohne dass der gedachte Verwendungszweck in irgend einer Weise tangiert wird.

Ja,  Geweint wird, wenn der Kopf ab ist . Und  da sitzt man dann, am Hindukusch oder in den Trümmern eines gescheiterten Projekts, und dann, aber erst dann, kommt die Frage auf, ob so un--hinterfragte "Führung" ohne alles andere wirklich so eine tolleSace ist. Sebstmitleid:
Das haben wir nicht gewusst!
Das haben wir nicht gewollte!
Das haben wir nicht geahnt!

Zumeist bleiben die wichtigen Fragen selbst dann ausgespart, die man vorher seinem Führer oder der Führung hätte stellen sollen, ja müssen:
Führen - Ja, wohin denn?
Und was wollen wir da?
Und was sollen wir da?
Und wie kommen wir von da wieder weg?
Und was sagen die dazu, die schon da sind, wo wie erst hin sollen?

Führung funktioniert offensichtlich ohne Fragen - tatsächlich scheint die gleichnamige Fähigkeit darin zu bestehen, etwa aufkommende Fragen erfolreich zu unterdrücken. Am besten Fragen jeglicher Art.

Die schneidige Haltung der Sechshundert, die in solchem Masse die Lord Tennysons Begeisterung erregte, , rührte von der Tatsache her, dass die leiseste Neigung, nach einem Warum zu fragen, dadurch unterdrückt wurde, dass man einen möglichen Frager auf den Dreipfahl hievte und bewusstlos schlug.
- F.J.P. Veale
Advance to Barbarusm

Zitiert nach Len Deigton Bomber

So etwas  passiert heute natürlich nur noch im übertragenen Sinn. Etwa indem man den Armen Willie auf die Mirarbeiterbeurteilung hievt - ach hein, es heisst ja Mitarbeitergespräch - beim Militär ist Tarnung wichtig. Und, bei Deigton , die Reinigung der Toiletten auch.

Der Arme Willie sollte sich Fragen, ob er seine Zeit nicht sinnvoller nutzen kann als derart kindischen Spielerein.

Wir kaufen mit Geld, das wir nicht haben,
Sachen, die wir nicht brauchen,
um Leuten damit zu imponieren, die wir nicht leiden können.

Wolfgang Menge

Ich habe da mal etwas läuten hören von viril-autoritären Vaterfigur. Vielleich erbarmt sich ein Pschater und bringt Aufklärung?

"Du sollst nicht lügen" - warum auch, wenn man manipulieren kann

Alles, was man sagt, muss wahr sein, Aber nicht alles, was wahr ist, muss man auch sagen.

Urheber mir unbekannt

Berühmt wurden Adenauers kreative Interpretationen von Wahrheit. So sagte er einmal vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: »Wie mein Freund Pferdmenges unterscheide ich drei Stufen der Wahrheit: die einfache, die reine und die lautere Wahrheit. Jetzt will ich Ihnen mal die reine Wahrheit sagen…«

Urheber mir unbekannt http://www.g-geschichte.de/pdf/plus/konrad_adenauer_witze_anekdoten_und_zitate.pdf

Selbstbezüglichkeit oder "Er hat Jehova gesagt"

Verkürzt und etwas verändert nach Zülfü Livanelis Roman: Der Eunuch von Konstantinopel: In der Abenddämmerung kam ein Mann ins Dorf und sagte, er sei der Prophet. Die Bauern aber glaubten ihm nicht. "Beweise es!", forderten sie. Der Mann zeigte auf die gegenüberliegende Festungsmauer und fragte: "Wenn diese Mauer spricht .. glaubt ihr mir dann ?" "Bei Gott, dann glauben wir dir", riefen sie. Der Mann wandte sich der Mauer zu, streckte die Hand aus und befahl: "Sprich, o Mauer!" Da begann die Mauer zu sprechen: "Dieser Mann ist kein Prophet. Er täuscht euch. Er ist ein Lügner."

Zülfü Livaneli nach wikipedia

Wie an sieht: Auch als Prophet hat man mit der Selbstbezüglichkeit immer Ärger. Oder eben als Jehova sagender Hohepriester .

That was a bir predictable

Monty Phython

Ein gewiss beklagenswertes Schicksal, aber vorhersagbar. Vernunft hat ja im Prophetentum jeglicher Art noch nie eine besonders grosse Rolle gespielt, auch wenn mich Chesterton mit Pater Browm eines anderen belehren möchte.

Ob das darauf zurückzuführen ist, dass Vernunft heutzutage nur im Schulfach Mathematik betrieben wird? Aussagenlogik und Mengenlehre? Da ist es denn ja nicht mehr weit zu "Ich verstehe nichts von Mathematik und bin trotzdem ein tüchtiger Kerl". Und dann nur noch ein winziger zu "Wenn ich etwas mit Logik hätte zu tun haben wollen, hätte ich Mathematik studiert und nicht Philosophie".

Eine Frage an jedes Sicherheitsunternehmen, schon seit römischer Zeit:

Sed quis custodiet ipsos custodes? Aber wer bewacht die Wacher?

Juvenal (58-140) Satiren VIII, 20

Na ja, auch nur ein Satiriker. Da lacht man, da freut man sich. Das sind eben lustige Kerle. Aber Nachdenken? Kommt nicht in Frage! Das ist schade – das sollte man nämlich. Wenn sich Indira Ghandi die Frage gestellt hätte "Wer beschützt mich vor meinen Leibwächtern?" - und sich mit der Frage auseinander gesetzt hätte, wer weisst?

Ein Einschub zur Monty-Phython-Truppe: Das sind (beziehungsweise waren: Ich gedenke des Pfeifenrauchers Graham Arthur Chapman ) keine tumben Possenreisser, sondern Leute, die in Oxford eine Aus-Bild-ung genossen haben.

Nietzsche and Hegel there. Karl Jaspers number seven on the outside, Wittgenstein there with him. There's Beckenbauer. Schelling's in there, Heidegger covering. Schopenhauer. And now it's the Greeks, Epicurus, Plotinus number six. Aristotle. Empedocles of Acragus and Democratus with him. There's Archimedes. Socrates, there he is, Socrates. Socrates there, going through. There's the ball! There's the ball.

Monty Python The philosophers football match

Es hat noch fast 2000 Jahre gebraucht, bis Kurt Gödel zeigen konnte, dass der Ärger mit der Selbstbezüglichkeit notwendig zu jedem einigermassen vernünftigen und komplexen System notwendig dazu gehört. Aber ebenso, wie es Einsteins und Heisenbergs grundsätzliche Erkenntnis über den Zusammenhang von Raum, Zeit und die Rolle des Betrachters nicht in die allgemeine Bildung geschafft hat

t Gödels Erkenntnis trotz aller Bemühungen von Hofstatter, Achilles und Herrn Schildkröte nicht über das Koriositätenkabinett hinausgekommen.

Spass beiseite: Kurtchen kommt! Und er hat eine Axt mitgebracht!

Die Selbstreferenzialität (von lat. referre "sich auf etwas beziehen"), auch Autoreferenzialität, Selbstreferentialität, Selbstreferenz und Selbstbezüglichkeit, ist ein Begriff, der beschreibt, wie ein Symbol, eine Idee oder Aussage (oder ein Modell, Bild oder Geschichte) auf sich selbst Bezug nimmt. Abgeleitet wird der Begriff durch die Identität von Symbol und Referent (Bezugsobjekt).

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Selbstbezügliche Systeme stabilisieren sich auf sich selbst und schließen sich darin von ihrer Umwelt ab. Dadurch gewinnen sie Beständigkeit und ermöglichen Systembildung und Identität. Selbstreferenzielle Systeme sind "operational geschlossen"; in ihren Prozessen beziehen sie sich nur auf sich selbst und greifen nicht in ihre Umwelt hinaus. Die Ressourcenschöpfung ist unabhängig davon zu betrachten.

Selbstreferenzialität bei wikipedia

Seltsame Schleife (engl. a Strange Loop) ist ein Begriff, der von dem amerikanischen Physiker und Kongnitionswissenschaftler Douglas R. Hofstadter eingeführt worden ist. Der Begriff beschreibt den Fall von Selbstbezüglichkeit, bei dem der Gegenstand, der den Ausgangspunkt bildet, betroffen ist oder sogar beschädigt wird. Dabei kann ein Paradoxon entstehen.
Eingeführt und ausführlich diskutiert wurde der Begriff in Hofstadters Buch Gödel, Escher, Bach.

Klassische Beispiele: Das Lügner-Paradox ist eine der ältesten seltsamen Schleifen überhaupt. Die Russellsche Antinomie drückt seltsame Schleifen mit den Mitteln der Mengenlehre aus. In der bildenden Kunst stellt M. C. Eschers Lithographie Zeichnende Hände eine seltsame Schleife dar, in der Musik J. S. Bachs dreistimmiger Kanon "Canon a 2 [per tonos]" im Musikalischen Opfer.

Seltsame Schleife bei wikipedia

Der Gödelsche Unvollständigkeitssatz ist einer der wichtigsten Sätze der modernen Logik. Er beschäftigt sich mit der Ableitbarkeit von Aussagen in formalen Systemen. Der Satz zeigt die Grenzen der formalen Systeme ab einer bestimmten Leistungsfähigkeit auf. Er weist nach, dass es in hinreichend starken Systemen, wie der Arithmetik, Aussagen geben muss, die man weder formal beweisen, noch widerlegen kann. Der Satz beweist damit die Unmöglichkeit des Hilbertprogramms, welches von David Hilbert unter anderem begründet wurde, um die Widerspruchsfreiheit der Mathematik zu beweisen. Der Satz wurde 1931 vom österreichischen Mathematiker Kurt Gödelv eröffentlicht.

Genauer werden zwei Unvollständigkeitssätze unterschieden. Der Erste Unvollständigkeitssatz besagt, dass es in hinreichend starken widerspruchsfreien Systemen immer unbeweisbare Aussagen gibt. Der Zweite Unvollständigkeitssatz besagt, dass hinreichend starke widerspruchsfreie Systeme ihre eigene Widerspruchsfreiheit nicht beweisen können.

Durch diese Sätze ist der Mathematik eine prinzipielle Grenze gesetzt: Nicht jeder mathematische Satz kann aus den Axiomen eines mathematischen Teilgebietes (zum Beispiel Arithmetik, Geometrie und Algebra) formal abgeleitet oder widerlegt werden.

In der Wissenschaftstheorie und in anderen Gebieten der Philosophie zählt der Satz zu den meistrezipierten der Mathematik. Das Buch Gödel, Escher, Bach und die Werke von John Randolph Lucas werden häufig exemplarisch hervorgehoben.

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Gödel nannte seinen Aufsatz Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandter Systeme I, weil er plante, einen zweiten Aufsatz zu verfassen, in dem er den Beweis genauer erläutern wollte. Der erste Aufsatz fand jedoch bereits so große Anerkennung, dass der Bedarf für einen zweiten entfiel, der daher auch nie geschrieben wurde.n

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Die Schwierigkeit bei den angeführten Metapher besteht darin, dass beide überdehnt werden. Einstein wollte sagen, dass es keine fixe, absolute Raum-Zeit-Struktur gibt, in der die physikalischen Ereignisse ihrer Bestimmung folgen. Damit muss jede Beschreibung eines physikalischen Ereignisses (und in diesem Sinne die Beschreibung von allem) gegenüber einer angebbaren Raum-Zeit-Strukturen relativ sein. Wer von da aus den Sprung macht zu "Alles ist relativ" der hat den Slogan übertrieben.

Weizenbaum Seite 210

Damit wir uns recht versteten:
Sicher beabsichtige ich hier nicht, Tannhaeuser als ein mit der Principia Mathematica verwandtes System zu bezeichnen - das hiesse nun wirklich, die Metapher zu überdehnen. (Unverschäntheit, das!) Nein, ich will auf im Gegenteil etwas anderes hinaus: Wenn schon durch diese Sätze der Mathematik eine prinzipielle Grenze gesetzt ist, muss es ja zwangsläufig auch ...

Andreas Feininger, sich selbst fotografierend, als Titelbilddes Buches  Andreas Feininger Andreas Feiningers grosse Fotolehre

 

Kurt Friedrich Gödel ist übrigens 1978 gestorben, also während meines Studiums. Ich sach ja: Mit mir gibt's immer Ärger.